Kunst Kunstwerke von Frauenhand

Köln · Bücher waren für das Christentum von großer Bedeutung, war doch die Religion auf einem Buch, der Bibel, begründet. Für ihre Verbreitung und für die erläuternde Kommentierung wurden ständig neue Bücher benötigt, ebenso für Gottesdienste, Gebete und Gesänge.

Einblick in die Sonderausstellung „Von Frauenhand“ im Kirchenraum von St. Cäcilien.

Foto: step/Eppinger

Vor der Erfindung des Buchdrucks in der Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte die Vervielfältigung von Büchern durch Abschriften von Hand. Diese wurden überwiegend in Klöstern gefertigt, wo auch die Vorlagen vorhanden waren.

Das im Mittelalter von Hand geschriebene Buch war aber weit mehr als nur eine geistliche Lektüre. Solche Handschriften wurden so aufwendig gestaltet, dass diese heute wahre Kunstwerke darstellen. Die Herstellung war nicht alleine Männersache, sondern lag auch in den Händen von Frauen, wie die neue Sonderausstellung des Museums Schnütgen eindrucksvoll zeigt. Diese entstand in Kooperation mit der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek, die zahlreiche Exponate zur Verfügung gestellt hat.

Zu finden ist die Schau in der romanischen Kirche St. Cäcilien, die heute Teil des Museums ist. Damit hat sie einen Platz gefunden, der perfekt zum Thema „Von Frauenhand“ passt. Denn dort hat im Mittelalter das Augustiner Chorfrauenstift in Köln seinen Platz. Die Chorfrauen lebten nach einer auf den Kirchenlehrer Augustinus von Hippo zurückgehenden Regel in strenger Klausur. Ursprünglich lebten diese im Kloster St. Maria zum Weiher im Westen vor den Stadtmauern Kölns. Während der Stiftsfehde wurden die Gebäude 1474 abgerissen, um sie nicht den burgundischen Truppen zu überlassen. Die 50 Chorfrauen zogen in das weltliche Damenstift St. Cäcilien.

Von der Schreibtätigkeit der Frauen zeugen heute mehr als 30 erhaltene Handschriften. Viele davon sind schlicht ausgestattete Gebets- und Andachtsbücher für den eigenen Bedarf. Es finden sich aber auch repräsentativere Bücher wie ein sorgfältig geschriebener Liber ordinarius zur Ordnung der Liturgie oder das prachtvoll gestaltete zweibändige Buch mit Chorgesängen für das Sommer- und das Winterhalbjahr, das Antiphonar der Anna Hachenbach aus der Zeit zwischen 1520 und 1530. Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Chorfrauen an dem umfangreichen Buch beteiligt waren, das in der Ausstellung zu sehen ist. Die Ausschmückung in Deckfarbenmalerei dürfte dagegen überwiegend in der Werkstatt der Kölner Fraterherren entstanden sein.

Insgesamt finden sich in der Schau im Mittelschiff und in den Seitenschiffen von St. Cäcilien sechs Klostergemeinschaften mit ihren Werken. Dazu gehört die Abtei Notre Dame de Chelles, die östlich von Paris ihren Platz hatte. In den drei gezeigten Handschriften finden sich neun Namen von Frauen, die diese angefertigt haben. Erklären lässt sich dies durch die hohe Stellung der Frauen, die im Kloster lebten, das von Gisela, der Schwester Kaiser Karls des Großen als Äbtissin geleitet wurde. Im Kloster entstammten auch viele andere Frauen dem Hochadel und waren so mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein ausgestattet, um ihre Namen zu hinterlassen.

Die gezeigten Handschriften wurden für den Kölner Erzbischof hergestellt. Je nach Ausstattung, der Zahl der beteiligten Frauen und Umfang der Bücher dauerte dieser Arbeitsprozess in der Regel zwischen zwei und zwölf Monaten. Dabei wurde nicht nur geschrieben, sondern die Texte wurden auch gestaltet und untergliedert. Dazu gehörten Absatzmarkierungen genauso wie Überschriften und farbliche Hervorhebungen.

Werke, die sich in Kölner Sammlungen befinden, stammen unter anderem aus dem Benediktinerinnenkloster Lamspringe, das südlich von Hildesheim lag. Die Nonnen stellten dort in ihrer Schreibwerkstatt Psalter, Bibeln und theologische Bücher sowohl für den eigenen Bedarf als auch für externe Auftraggeber her. Der ausgestellte kleinformatige Psalter aus dem 13. Jahrhundert war für die private Andacht gedacht und ist entsprechend prachtvoll ausgestaltet worden. Ein Bilderzyklus zeigt Szenen aus dem Leben von Jesus. Die Darstellungen sind von einer großen Freude durchdrungen, wie zum Beispiel die rotwangigen freundlichen Gesichter zeigen. Die sogenannte „Nonnenmalerei“ sollte einen emotionalen Zugang ermöglichen und Herz und Verstand gleichermaßen ansprechen.

Den größten Raum in der Ausstellung nimmt das Kölner Klarissenkloster St. Klara ein. Im 14. Jahrhundert fand sich dort die bedeutendste Werkstatt für Schreiberinnen und Buchmalerinnen in der Stadt. Das Skriptorium ist für St. Klara um 1320 bis in die 1360er Jahre zu belegen. Besonders zu hervorheben sind die Werke von Loppa vom Spiegel wie der ausgestellte Rennenberg-Codex für den Kölner Domdechanten. Als Vorlagen dienten Handschriften der Minoriten, der franziskanischen Ordensbrüder, die als Priester für die Seelsorge der Klarissen zuständig waren. Die Handschriften aus dem Kloster wurden sehr geschätzt, wie die Auftragsarbeiten beweisen.

Ein weiteres Kölner Kloster war das Augustiner-Chorfrauenstift St. Maximin, dessen Gebäude im Bereich des heutigen Hauptbahnhofs lag. Im Kloster wurden überwiegend Bücher für den eigenen Gebrauch angefertigt. Die ausgestellte Handschrift behandelt Riten im Kloster bei Aufnahmen, dem Gelübde oder bei Beerdigungen.

Ein weiteres Kapitel wird dem Dominikanerinnen-Kloster St. Katharina in Nürnberg gewidmet. Dieses war im 15. Jahrhundert eines der aktivsten Schreibzentren. Die Blüte des Konvents ermöglichte eine Reform gegen das Nachlassen der Klosterdisziplin, die 1428 vom Magistrat der Stadt umgesetzt wurde. Ein wesentliches Element bestand im Schreiben von Büchern – sowohl für den Gebrauch vor Ort als auch für jene Konvente, die von Nürnberg aus reformiert wurden. In Handschriften aus St. Katharina lassen sich insgesamt 29 Schreiberinnen nachweisen. Die überwiegend in deutscher Sprache verfassten Texte dienten der moralischen und spirituellen Unterweisung der Nonnen nach den Grundsätzen der Reform.

 

Service Die Sonderausstellung „Von Frauenhand. Mittelalterliche Handschriften aus Kölner Sammlungen“ läuft noch bis zum 30. Januar im Museum Schnütgen an der Cäcilienstraße 29-33 in Köln. Öffnungzeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr; Eintritt: sechs (ermäßigt 3,50) Euro.