Landwirtschaft: Uneins im Existenzkampf
Die Milchbauern taumeln von Krise zu Krise. Aber in ihren Forderungen sind sie sich nicht einig.
Burscheid. 20 Cent pro Liter Milch - der Preisverfall treibt die Milchbauern mal wieder an die Grenze der Existenzfähigkeit und auf die Barrikaden. "Das ist derzeit ein reines Zuschussgeschäft", sagt der Hürringhausener Landwirt Detlev Dahlhaus.
Ein halbes, vielleicht ein Dreivierteljahr kann ein reiner Milchbetrieb das überstehen, länger nicht. In dieser Einschätzung sind sich Dahlhaus und Frank Paas, Vorsitzender der Burscheider Ortsbauernschaft, einig. Ansonsten aber trennen sie Welten. Ein Riss, der durch die gesamte Bauernschaft geht.
Dahlhaus und Eberhard Thomas (Thomashof) zum Beispiel sind schon längst aus dem Deutschen Bauernverband (DBV) ausgetreten. Sie fühlen sich dort nicht mehr richtig vertreten, sondern haben sich dem 1998 gegründeten Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) angeschlossen.
Dessen Kernforderung: Die derzeitige Überproduktion, die die Preise in den Keller treibt, dürfe gar nicht erst entstehen. "Es muss gerechte Einschränkungen für alle geben", ist Dahlhaus überzeugt.
Nur so könnten Angebot und Nachfrage wieder in Einklang kommen. Ein nationaler Alleingang sei dabei möglich. Der Bauernverband trete dagegen weiter für einen freien Markt ein und spreche sich gegen Beschränkungen der Milchproduktion aus.
Zwar gibt es vereinzelt noch Berührungspunkte zwischen Bauernverband und BDM. Viele Landwirte sind in beiden Verbänden Mitglied. Im Rhein-Sieg-Kreis ist es sogar zu einem gemeinsamen Positionspapier des BDM-Kreisteams und der Kreisbauernschaft gekommen.
Im Oberbergischen dagegen haben 18 empörte Milchbauern dem Bauernverband in einer gemeinsamen Aktion den Rücken gekehrt. "Und auch die Kreisbauernschaft Rhein-Berg verweigert sich", kritisiert Dahlhaus.
Für seinen Kollegen Frank Paas ist die Idee, weniger zu produzieren, zwar "grundsätzlich nachvollziehbar". Aber erstens sei er sich mit seinem Verband einig, dass eine solche Beschränkung nur europaweit möglich sei.
Und außerdem befürchtet er, "dass wir nicht schnell genug wieder nachkommen, wenn das unflexibel in Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben wird." Von einem geregelten Markt habe man sich doch eigentlich gerade verabschieden wollen.
Der derzeitige Überschuss auf dem Milchmarkt hat nach Paas’ Einschätzung auch weniger mit gestiegener Produktion, sondern eher mit geringerem Konsum zu tun. Und der könne auch bald wieder anziehen.
In diesem Monat steht die nächste Preisrunde an. Dahlhaus und Paas liefern an dieselbe Molkerei. "Wir erwarten ab November eine leichte Preiserhöhung", sagt Paas. Zumindest darin wird er sich mit seinem Kollegen Dahlhaus wieder einig sein.