Mitglieder greifen schon oft genug in die eigene Tasche

Für den Orchesterverein Hilgen ist es Jahr für Jahr wieder ein Ritt auf der Rasierklinge, seine Kosten zu decken.

Burscheid. Es war der Paukenschlag dieser Woche: der Verzicht des Orchestervereins Hilgen (OVH) auf den Deutschen Orchesterwettbewerb Anfang Mai in Wuppertal. Wie berichtet sind die um 250Prozent gestiegenen Gebühren der Grund dafür. Für einen Start hätte der OVH 4900Euro zahlen müssen. Das wirft ein Schlaglicht auf die finanzielle Situation des Orchesters. Wie hält sich ein musiktreibender Verein überhaupt über Wasser?

Rund 100 Mitglieder hat der OVH, der Jahresbeitrag liegt bei 90 Euro; Schüler, Studenten und Arbeitslose zahlen die Hälfte. "Die Beiträge decken noch nicht einmal unsere jährlichen Kosten für den Dirigenten", sagt der Vorsitzende Martin Mudlaff. Johannes Stert und der OVH, das ist eine langjährige Liebesbeziehung, aber das hohe Niveau und die Professionalität haben auch ihren Preis.

Daneben hat der Verein noch weitere Ausgaben: Proberaummiete, Reparatur der orchestereigenen Instrumente, Bürokosten. Zuschüsse in größerem Maße gab es zweckgebunden zum Start des Nachwuchsprojektes "Musikus" vom Land und Johnson Controls, auch noch einmal im vergangenen Jahr, doch 2008 wird es schon schwieriger. Immer wieder hilft zwar die Burscheid-Stiftung: mal für das Serenadenkonzert, mitunter auch bei der Beschaffung von Instrumenten. "Aber regelmäßige Fördermittel sind praktisch ausgeschlossen", beschreibt Mudlaff die Situation.

Was noch fehlt, versucht der OVH über bezahlte Auftritte hereinzubekommen - Jahr für Jahr ein Ritt auf der Rasierklinge. Auch bei eigenen Konzerten werden Umsätze gemacht, "aber sobald wir in eine Halle wollen, wird es schon wieder teuer".

Vor dem Hintergrund seien 4900 Euro für einen Wettbewerbsstart für ihn jenseits der Schmerzgrenze gewesen, sagt Mudlaff. Die eigenen Mitglieder wollte er auch nicht auffordern, in die eigene Tasche zu greifen. Das tun sie nämlich schon oft genug: Für eine DVD-Produktion steuerten sie einmal 2000 Euro bei, mitunter schaffen sie Sonderinstrumente nur für das Orchester an - und setzen selbstredend zum Großteil ihre privaten Instrumente ein. "Das ist in anderen Orchestern anders."

Für den OVH-Vorstand ist die Absage auch eine Grundsatzentscheidung: Er stellt den Aufwand des Wettbewerbs infrage: "An der Landesausscheidung des Landesmusikrates konnten wir kostenlos teilnehmen und da waren auch 85 Orchester und über 3000 Musiker beteiligt." Der ausdrückliche Wunsch des Deutschen Musikrates, dass alle Musiker an allen Tagen des Bundeswettbewerbs teilnehmen sollen, treibe nur die Kosten in die Höhe und sei an der Realität vorbei: "Die meisten schaffen es doch nur mit Mühe, zwei Tage frei zu bekommen."