Pastor Löh: Ein toleranter Mann der Aufklärung

Für Pastor Löh, Favorit für die Benennung der Gesamtschule, war Glaube und Vernunft vereinbar.

Burscheid. Für die meisten Burscheider ist er ein Begriff. Gibt es doch schließlich eine Pastor-Löh-Straße, eine metallene Büste vor dem alten Pfarrhaus im Zentrum Burscheids und es gab auch mal ein Pastor-Löh-Gymnasium an der Höhestraße. Viel mehr verbinden aber vor allem jüngere Einwohner mit dem Namen nicht.

Wenn nun aber bei der Namensgebung einer projektierten Gesamtschule die Benennung „Pastor-Löh-Gesamtschule“ oder „Johannes-Löh-Gesamtschule“ im Gespräch ist, scheint es mehr als angebracht, diesen Mann vorzustellen, der Burscheid nachhaltig geprägt hat, ja weit über den Ort hinaus eine bei allen Bevölkerungsschichten hoch angesehene Persönlichkeit war.

Johannes Löh wurde 1752 in einer Hofschaft nahe Kierspe geboren, besuchte unter anderem das Gymnasium in Soest, studierte an den damals modernen Universitäten Halle und Göttingen Theologie, aber auch Medizin.

Nach einer kurzen Hauslehrerzeit war er tätig in den Gemeinden Reusrath, Müllenbach und Solingen. Am 3. Dezember 1801 wurde er in Burscheid zum Pfarrer der Evangelischen Gemeinde gewählt. Hier war er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1838 gemeindlich und in umfassender Weise philanthropisch tätig. Er starb 1841.

Pastor Johannes Löh war durch und durch ein Mann der Aufklärung. Glaube und Vernunft waren für ihn keine Gegensätze, sondern durchaus vereinbar. Jesus galt ihm als „Mustervernunft“. Ökumenische Toleranz war ihm selbstverständlich. Religiösen und weltanschaulichen Fanatismus verabscheute er in jeder Gestalt.

Johannes Löh war von einer umfassenden Bildung und hatte großes Interesse an der Naturwissenschaft, besonders der Astronomie und Mathematik. Er war — wie er von sich selbst bekannte — kein Kanzelredner. Entsprechend seiner Liebe zur Botanik, zu den Blumengärten, Obstbäumen, der Landwirtschaft überhaupt ging er durch die Hofschaften, erteilte fachkundigen Rat und brachte botanische Raritäten für seinen Garten mit. Er erfand eine sehr begehrte Augensalbe und sorgte schon früh für eine Impfung von 147 Burscheider Kindern gegen Pocken. Er bezog 13 Zeitschriften, die er auf Neuerungen für Haus und Hof durchkämmte, um diese dann weiterzuvermitteln.

Johannes Löh selbst war von sehr stabiler Gesundheit. Lag das vielleicht an seinen täglichen Ganzkörperwaschungen mit dem kalten Wasser des Pastoratsbrunnens? Dann hätte man ihn als einen protestantischen Pfarrer Kneipp bezeichnen können. Zum Pastorat in Burscheid gehörte ein Reitpferd, das er gerne auf seinen weiten Wegen ritt, etwa nach Gummersbach und Waldbröl, aber auch nach Solingen und Remscheid. Und noch im Jahre 1837, als 85-Jähriger, ging er an einem Tag von Burscheid zu Fuß nach Köln, am nächsten dann wieder zurück.

Anlässlich einer Visitation im Jahre 1834 (man drängte von Behördenseite auf Pensionierung!) wurde im Protokoll festgehalten: „Man ist durch die Länge der Zeit an sein Wesen gewöhnt, und da er den Leuten mit allerlei medizinischem Rate, mit Kräutern und guten Lehren in Beziehung auf Ökonomie und Haushaltung zu Hilfe zu kommen weiß, so ist er bei den meisten Gemeindegliedern sehr beliebt.“ Löhs Schlussfolgerung: Er wolle sich noch nicht pensionieren lassen, weil die Gemeinde es nicht wünsche!

Das besondere Augenmerk Pastor Löhs galt der Verbesserung des Schulwesens und der Volksbildung. In seine Zeit fällt die Einführung der allgemeinen Schulpflicht durch Preußen (vom sechsten Lebensjahr an bis zur Konfirmation). Johannes Löh hatte schon in jungen Jahren bei Pfarrer Goes in Ründeroth, den man später einer zweiten Pestalozzi nannte, im Unterricht hospitiert, und zwar mit besonderem Interesse an der Rechenkunst.

1801 war das epochemachende Rechenbuch seines Remscheider Freundes Daniel Schürmann erschienen. Pastor Löh war in Burscheid mit der Schulaufsicht betraut und pflegte freundschaftlichen Umgang mit den Burscheider Lehrern Rau und Dahlhaus, letzterer Schürmanns Schwiegersohn.

Auch die Erwachsenenbildung lag dem Burscheider Pastor sehr am Herzen. Er drängte zur Schaffung der ersten Leihbibliothek in der Thielenmühle und zur Gründung eines Lesevereins.

Die durchgängige Botschaft dieses schaffensfrohen Mannes der Aufklärung war die Mahnung zur Nächstenliebe und zur Toleranz. Wenn die projektierte Gesamtschule in Burscheid seinen Namen tragen soll, ist es gerade der „Charakter des Profanen“, den seinerzeit manche fromme Leute ihm zum Vorwurf machen wollten, der ihn dafür empfiehlt. Möge sie Pastor-Löh-Gesamtschule heißen!