Rathaussturm: Sagenhafte Wiever haben das Sagen

Kobolde stehlen den Stadtschlüssel von Bürgermeister Stefan Caplan. Burscheid ist in Narrenhand.

Burscheid. Irgendwann reißt jeder Geduldsfaden. Als Zauberer Stefan Caplan auch nach mehrmaligem Ansingen der „ollen Wiever“ aus Burscheid immer noch nicht den Rathausschlüssel herausrückt, ergreift Renate Dahlhäuser die Initiative. Mit einem Satz stürzt sie von den Vortreppen des Schützenhauses und greift nach dem goldenen Türöffner. Ein Gerangel, Handgreiflichkeiten folgen — und schließlich gelangt der Schlüssel doch noch in die Gewalt der Damen.

Dabei hatte sich Bürgermeister Caplan wahrlich Mühe gegeben, dem Gesang Stand zu halten. „Heut’ gibt es keine Prinzen mehr, drum muss der Bürgermeister her“, sangen mehrere Dutzend Jecken zur Melodie des Dornröschen-Liedes. „Stefan der Blau-Weiße“ ließ vertrackte, magische Reime folgen — bis der beherzte Auftritt dem Spuk ein Ende setzte. Caplan gibt sich geschlagen: „Jetzt ist es passiert, euer lieblicher Gesang hat mich zutiefst berührt“, räumt er ein. Die Altweiberparty kann beginnen, die Wiever strömen ins Schützenhaus.

Getreu dem Motto „Burscheid — wie im Märchen . . .“ haben die Schützen Foyer und Saal liebevoll mit Bildern und Kostümen aus sagenhaften Geschichten geschmückt. Auch unter den Gästen tummeln sich zahlreiche Fantasiegestalten. Wie Manuela Ueberall und Denise Steinke, die braun-grüne Kostüme und lange Ohren tragen. „Wir sind Koboldmädchen“, sagen sie — eine Idee von Manuela Ueberalls Mutter Angelika Wehner, die mit ihrem Mann, Schützenkönig Michael Wehner, nicht fehlen darf.

Im Saal beginnt die Stimmung langsam zu köcheln. „Ich habe lange gesucht, aber nur ein einziges Karnevalslied zum Thema Märchen gefunden“, sagt Discjockey Peter Mihm und legt „Schneewittchen“ von der Band Die Labbese auf. Klar, dass beim Text „Hinter den sieben Bergen, dort bei den sieben Zwergen“ gleich munter drauflos geschunkelt wird.

Sieben Zwerge sind im Saal nicht zu sehen — aber immerhin vier. Elke Lüppens, Sabine Engelhardt und ihre Begleiter vertreten die fehlenden drei Zipfelmützenträger. Schneewittchen haben sie nicht mitgebracht. „In das kurze Kostüm hat sich keiner getraut“, sagen sie. Dass sie als Burscheider auch an Altweiber in der Stadt bleiben, ist für sie keine Frage: „Wenn hier etwas angeboten wird, muss man das auch nutzen.“

Tradition und Moderne vereinen die Froschkönigin und Edward mit den Scherenhänden, die eigentlich Barbara und Stephan heißen und verheiratet sind. Vor allem das schwarze Kostüm mit den langen Scheren zieht Blicke auf sich. Ein paar Tage habe es gedauert, bis die Verkleidung fertig war, sagt Stephan. „Seit ich die Scheren habe, werde ich im Haushalt eingespannt“, sagt er schmunzelnd. „In der Küche, als Friseur und beim Heckenschneiden“, fügt seine Frau lachend hinzu.

Weniger Entspannung haben der Vorsitzende der Schützen, Manfred Idel und sein Team. Das Handy klingelt, Idel muss sich um Biernachschub kümmern. Damit auch gegen Nachmittag rund 250 Gäste noch etwas zu trinken haben. Vorher endet die Party nicht.

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