ÖPNV Wiedenhoff greift nach Wupsi-Linien
Das Unternehmen hat beantragt, den Busverkehr ab Dezember ohne öffentliche Zuschüsse zu betreiben.
Burscheid. Der Busverkehr in Leverkusen und dem Rheinisch-Bergischen Kreis ist heiß umkämpft. Mittlerweile liegen der Bezirksregierung drei Anträge zur Entscheidung vor. Mit dem jüngsten Coup hat das Hilgener Privatunternehmen Wiedenhoff alle überrascht: Es hat erklärt, ab dem Fahrplanwechsel im Dezember alle Linien der Kraftverkehr Wupper-Sieg (Wupsi) eigenwirtschaftlich, also ohne öffentliche Zuschüsse, betreiben zu können.
Gelingen soll das laut einer schriftlichen Wiedenhoff-Stellungnahme durch zahlreiche Synergieeffekte und die Hilfe „leistungsstarker regionaler mittelständischer Verkehrsunternehmen“. Das Angebot habe man mit der Hilfe „eines der renommiertesten Beratungsunternehmen aus der ÖPNV-Branche“ erarbeitet.
Die Wupsi erhält derzeit zum Ausgleich ihres Defizits jährlich vier Millionen Euro von ihren Eigentümern, der Stadt Leverkusen und dem Rheinisch-Bergischen Kreis. Schon vor einem Jahr war über eine Direktvergabe entschieden worden, die Wupsi ab 2017 für weitere zehn Jahre mit dem Linienverkehr zu beauftragen. Aber im September musste die Entscheidung noch europaweit bekanntgemacht werden — mit der Möglichkeit anderer Unternehmen, die Übernahme stattdessen in Eigenwirtschaftlichkeit zu beantragen. Wiedenhoff hat als Einziger davon Gebrauch gemacht — und dafür gleich eine Tochterfirma gegründet.
Wupsi-Vorstand Marc Kretkowski hätte mit einem Antrag der Deutschen Bahn gerechnet; Wiedenhoffs Vorstoß hat ihn überrascht. Aus seiner Sicht ist es „unmöglich, unser Angebot in diesem Umfang und in dieser Qualität eigenwirtschaftlich zu betreiben“.
Die rund 400 Wupsi-Mitarbeiter sind über den Wiedenhoff-Vorstoß auf einer Belegschaftsversammlung informiert worden. „Sie haben die Nachricht verhältnismäßig ruhig aufgenommen“, so Kretkowski. Wiedenhoff hat derweil in Aussicht gestellt, bei einer Übernahme der Linien die bei der Wupsi entfallenen Arbeitsplätze „zu ähnlichen Bedingungen“ neu zu schaffen. „Lohndumping ist ausgeschlossen.“
Kretkowski wird seine Bedenken gegen den Wiedenhoff-Antrag in einem Schreiben an die Bezirksregierung formulieren. Auch Reinhard Haase, ÖPNV-Abteilungsleiter der Kreisverwaltung in Bergisch Gladbach, brütet derzeit über einer Stellungnahme. Bis zum Ende der nächsten Woche besteht die Möglichkeit dazu, bis Ende August muss die Bezirksregierung dann entscheiden. Nicht die einzige ÖPNV-Entscheidung, die in Köln getroffen werden muss: Auch in Sachen Wiedenhoff-Linien ist noch offen, ob das Hilgener Unternehmen ab 2017 für weitere zehn Jahre seine fünf Linien weiterbetreiben kann, dann aber auch eigenwirtschaftlich.
Hier war es umgekehrt gewesen: Wiedenhoff hatte bisher jährlich 1,4 Millionen Euro Zuschüsse kassiert. Auf Initiative der Stadt Leverkusen hatte dann die Wupsi erklärt, die Wiedenhoff-Linien ohne zusätzliche Zuschüsse übernehmen zu können. Daraufhin sah Wiedenhoff sich plötzlich in der Lage, die Linien eigenwirtschaftlich ohne Zuschüsse zu betreiben, und stellte einen entsprechenden Antrag. Für dieses Jahr allerdings gilt das offenbar noch nicht; drum hat Wiedenhoff (dritte offene Entscheidung) einen Antrag auf Befreiung von der Beförderungspflicht gestellt, nachdem ein Urteil des Oberlandesgerichts in Düsseldorf dazu geführt hat, dass es schon in diesem Jahr keine Zuschüsse mehr gibt. Auch zu dem Thema endet die Frist für Stellungnahmen Ende April. Dort wird die Bezirksregierung wohl schon im Mai entscheiden.
Aber egal wie die Entscheidungen in Köln am Ende ausfallen, von mehreren Seiten war gestern die Erwartung zu hören, dass am Ende zumindest der Streit um die Wupsi-Linien vor Gericht landen wird.