Wildtierschutz: „Greifvögel sind keine Haustiere“

Gottfried und Christel Jenkner kümmern sich um einen jungen Falken, der vor drei Wochen aus dem Nest gefallen ist.

Burscheid. Er war in einem jämmerlichen Zustand. Als ihn ein Mitarbeiter der Stadt Burscheid auf dem Friedhof fand, saß der Turmfalke in einem geschredderten Holzhaufen. "Seine Krallen waren vom Harz verklebt, das Brustgefieder und der Schnabel auch", sagt Gottfried Jenkner. Mit Fetten musste der 68-Jährige schließlich den klebrigen Stoff aus dem Gefieder lösen.

Der junge Greifvogel war aus dem Nest am nahen Laurentius-Turm geflogen oder gefallen und kam aus eigener Kraft nicht mehr zurück. Der städtische Mitarbeiter brachte das Tier schließlich zu Familie Jenkner. Dort ist er nun seit drei Wochen in bester Gesellschaft: Zwei Käuzchen, ein weiterer Turmfalke und ein Eichelhäher werden in verschiedenen Volieren von den Jägern versorgt.

Im Falle des Turmfalken hat der städtische Mitarbeiter dem Tier wohl das Leben gerettet. Ansonsten sollten Ästlinge (so werden die Jungvögel genannt, die noch nicht weit fliegen, aber gut klettern können) nicht mit nach Hause genommen werden.

"Es reicht, wenn man den Vogel auf einen breiten Fenstersims oder einen Ast setzt. Er fängt dann schnell zu piepen an. Dadurch können die Eltern ihn wiederfinden", sagt Jenkner. Auch wenn das Jungtier nicht mehr in das elterliche Nest zurückkommen könne, würden sich die erfahrenen Vögel um das Jungtier kümmern. So hätte er auch ohne menschliche Hilfe eine Chance zu überleben.

Aber warum haben die Jenkners dann den gesäuberten Vogel nicht auf den Friedhof zurückgebracht? "Die Bindung zwischen den Eltern und dem Nachwuchs reißt sehr schnell ab. Sie hätten ihn gar nicht mehr gesucht", sagt Gottfried Jenkner. Daher füttert er den Vogel nun auf der Faust. Noch bekommt er bereits tote Kücken oder Mäuse. Später wird er lernen müssen, seine Beute selbst zu jagen.

"Wenn wir ihn aussetzen würden, ohne dass er sich sein Futter selbst fangen kann, und er keine Chance hatte, seine Flugmuskulatur zu stärken, würde er nicht überleben", sagt der 68-Jährige. Deswegen wird der Turmfalke bald in eine große Scheune umziehen, wo er das Fliegen üben kann. Schließlich wollen ihn die Jenkners nicht als Haustier behalten, sondern ihm ein artgerechtes Leben in freier Wildbahn ermöglichen.

"Klar, das Aussetzen fällt schon schwer, wenn man ein Jungtier selbst aufgezogen hat", sagt Gottfried Jenkner. Und seine Frau Christel fügt hinzu: "Wir kümmern uns halt um den Wildtierschutz, da ist es wichtig, die Tiere auch wieder loslassen zu können." Das gilt nicht nur für Vögel, sondern für alle Wildtiere, die bei der Familie genesen und aufwachsen durften. Wie zum Beispiel Füchse und Rehe, die in Jenkners Garten ein sicheres Zuhause auf Zeit fanden.

Wiedergesehen haben sie bisher noch kein Wildtier, das sie aufgezogen haben. "Klar halten wir in unserem Revier Ausschau, aber da gibt es sehr viele Greifvögel - zum Glück."