Willicher Stadtgeschichte Der Bürgermeister mit dem Fahrrad

Willich · In 21 Jahren Amtszeit als hauptamtlicher Bürgermeister, vom 1. Oktober 1999 bis zum 31. Oktober 2020, hat Josef Heyes in Willich vieles bewirkt. Für seine Verdienste wird ihm im Mai der Ehrenring der Stadt verliehen.

Ein Bild durchaus auch mit Symbolwert: Josef Heyes fest im Sattel, die Lenkstange im Griff.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

In die Willicher Geschichte eingegangen ist Josef Heyes als „radelnder Bürgermeister“. Das gilt auch symbolisch: Heyes war einer, der sich für das Wohl seiner Stadt abstrampelte, die Lenkstange aber immer im Griff hatte. Fest im Sattel saß er seit dem Abend des 12. Septembers 1999. An diesem Tag wurden in Nordrhein-Westfalen erstmals hauptamtliche Bürgermeister gewählt – direkt von den Einwohnern ihrer Gemeinde. Heyes erhielt 52,7 Prozent der Stimmen. Nach zehnjähriger Amtszeit, bei den Kommunalwahlen am 30. August 2009, im ersten Wahlgang sogar 83,5 Prozent. Ein Indiz für seine Beliebtheit und ein Höhepunkt auf Heyes’ Laufbahn als Kommunalpolitiker.

Begonnen hatte er sie 1979 als Mitglied des Willicher Stadtrats für seinen heimischen Wahlkreis Unterbruch, unter anderem als Vorsitzender des Wirtschafts- und des Werksausschusses. Zwischen 1984 und 1994 wirkte er als Stellvertreter von Bürgermeisterin Käthe Franke, deren Nachfolger er 1994 wurde. Bis 1995 war Heyes der letzte ehrenamtliche Bürgermeister der Stadt Willich. Von 1995 bis 1999 fungierte er erneut als stellvertretendes Stadtoberhaupt, diesmal für Bürgermeister Lukas Siebenkotten. Und als hauptamtliches Stadtoberhaupt vom 1. Oktober 1999 bis zum 31. Oktober 2020.

Der diplomierte Agrar-Ingenieur Josef Heyes ist ein Macher. Ein Pragmatiker: „Ich schätze Loyalität und Fachwissen höher ein als die Parteizugehörigkeit.“ 1948 als ältester Sohn einer Schiefbahner Bauernfamilie auf dem Berderhof im Diepenbroich geboren, hatte er schon als Kind gelernt, mit anzupacken, Verantwortung zu übernehmen für Menschen, Tiere und die Natur. Zur Politik und zur CDU kam er 1978 über sein Engagement gegen die kooperative Gesamtschule. Zugute kam ihm, dass er Wert auf Kontakte zu anderen legte, vor allem einen guten Draht haben wollte zu Gewerbeunternehmen, die zum Florieren seiner Stadt Willich beitragen konnten. „Ich habe viel Zeit mit dem Aufbau von Netzwerken verbracht“, erinnert Heyes sich im Gespräch mit unserer Redaktion an seine ersten Bürgermeister-Amtsjahre.

Politiker-Treffen am 8. April 2017 vor einer Bittprozession zum Willicher Friedenskreuz (v.l.): Norbert Blüm (Bundessozialminister von 1982-1998), Uwe Schummer (von 2002 bis 2021 Bundestagsabgeordneter für den Kreis Viersen) und Josef Heyes.

Foto: Hans Kaiser

Ein sehr persönliches Netz knüpfte er mit Linselles – Willichs französischer Partnerstadt seit dem 11. September 1966. Heyes befestigte die grenzüberschreitende Freundschaft mit einer Flugreise, die er im Februar 2000 mit seinem Linseller Freund und französischen Bürgermeisterkollegen Jacques Remory in die Sahelzone unternahm, um eine Dreier-Partnerschaft mit der Präfektur Zogoree in Burkina Faso zu begründen. Schmunzelnd erinnert er sich an die „Désinfection orale“, die Remory täglich im Hotel aus einer diskret deponierten Flasche nahm. Und fügt ernst hinzu: „Unvergessen ist mir, wie Jacques beseelt war, den Menschen dort im Sahel zu helfen. Ein wahrer Patron, dabei gütig und humorvoll.“ Seit 2011 ist Josef Heyes Ehrenbürger von Linselles. Weitere Partnerschaften wurden besiegelt: 2018 im Schloss Neersen mit der lettischen Stadt Smiltene, im Juli 2023 im Gründerzentrum im Stahlwerk Becker mit der japanischen Stadt Marugame.

In Willich hat der Alt-Bürgermeister vieles ins Rollen gebracht. Sein erstes Großprojekt als hauptamtlicher Bürgermeister war die Euroga 2002 plus, an der sich 58 Kommunen aus Deutschland und den Niederlanden mit über 120 Projekten beteiligten. Dabei wurde der Schlosspark Neersen saniert, das Stahlwerk Becker mit einer Wasserachse versehen und die „Fietsenallee“ angelegt – eine Radroute von Neuss bis Venlo, den von Napoleon geplanten Nordkanal entlang. Der in Schiefbahn schon vorhandene Teil des Nordkanals wurde entschlammt. 2003 wurde unweit von Schloss Neersen ein „Technisches Rathaus“ eingeweiht. Der Hintergrund: Aufgrund der regen Bautätigkeit in den 90er-Jahren war das entsprechende Personal aufgestockt worden und fand im Schloss keinen Platz mehr.

„Mir war vor allem wichtig, die Wirtschaft zu stärken“, blickt der Alt-Bürgermeister zurück. „Menschen mit Arbeit sind nicht nur wirtschaftlich besser aufgestellt, sondern meist auch erfüllter.“ So förderte er die Erweiterung des Gewerbegebiets im Nordwesten Alt-Willichs mit dem Gewerbepark Münchheide IV auf 27 Hektar ab 2007. Hier hat er vor allem Firmen aus dem Fernen Osten Brücken gebaut: „Ich hätte nie gedacht, wie viele persönliche Kontakte und Freundschaften aus dieser Arbeit entstehen würden.“ 2011 erhielt der Bürgermeister aus der Hand des japanischen Generalkonsuls Kiyoshi Koinuma den Orden „Aufgehende Sonne am Band.“

Zur besonderen Herausforderung wurde Josef Heyes das Fortbestehen des Schiefbahner St.-Bernhard-Gymnasiums, das 1946 der Orden der Hünsfelder Oblaten gegründet hatte. Nach vielen Gesprächen und Konferenzen gelang dem Bürgermeister nach dem Ankauf durch die Stadt Willich die Übergabe an die Malteser Werke als neuem Träger zum 1. August 2007.

Am 2. Januar 2020 verkündete er im Rahmen einer Pressekonferenz, nach 21 Jahren nicht erneut als Bürgermeister zu kandidieren. Für seine Verdienste wird ihm im Mai nächsten Jahres im Rahmen einer Ratssitzung der Ehrenring der Stadt Willich verliehen werden. „Ich danke den vielen, vielen Wegbegleitern, besonders meiner Frau Maria“, sagt Josef Heyes zum Schluss seines Gespräches mit der Redaktion.