Kunst in der Johanneskirche Zwischen Natur und Apokalypse

Düsseldorf · Die Künstlerin Angelika J. Trojnarski bringt Farbe und Duft in die Johanneskirche. Ihr buntes Panorama scheint den sakralen Raum zu umarmen.

Die Johanneskirche in Düsseldorf wird Schauplatz einer Ausstellung.

Foto: Christian Schiffers

Die Johanneskirche am Martin-Luther-Platz entstand 1875/81 in der Blütezeit der preußischen Rheinprovinz, als hochkarätige Bauten wie Ständehaus, Kunstakademie und Kunstgewerbeschule eine neue Baukultur in die Stadt brachten. Das evangelische Gotteshaus ist im Stil des Historismus errichtet. Seine besondere Note liegt in der Berliner Rundbogenarchitektur der Schinkel-Schule. Auf diese Rundung in der Apsis reagiert Angelika J. Trojnarski mit einem farbigen Panorama, das den sakralen Raum zu umarmen scheint.

Der Kunstbeirat der Rheinischen Kirche hatte das Kunstprojekt vor zwei Jahren angesichts von Krisen, Kriegen und Pandemien unter das Thema der Apokalypse gestellt. Sechs Kreative wurden für sechs Standorte ausgewählt. Die Meisterschülerin von Andreas Gursky, die 1979 in Masuren geboren wurde und als Malerin und Fotografin Teil der hiesigen Kunstszene ist, schuf ein eher leises Meisterwerk. Kein explosives Panorama wie der Isenheimer Altar des geniale Matthias Grünewald. Kein Aufschrei gegen das Leid der Welt. Eher ein harmonisches Spiel spezieller Farben, die das puristische Weiß der Wände und das Grau des steinernen Altartisches sowie der grauen Fensterscheiben aufwertet.

Die Monstera zählt zu den beliebtesten Zimmerpflanzen

Auf die gerundete Apsis hat sie ein Metallband mit Klettverschluss angebracht und einen robusten, zweiteiligen Baumwolldruck gespannt, der unversehrt auch wieder abgenommen werden kann. Er enthält einen Mix an Motiven aus Farnen, Zweigen und Blättern. Die Naturalien hat sie gekauft und damit im Atelier zunächst ein Biotop aufgebaut und fotografiert. Über dem kleinteiligen Gewimmel von Grünzeug liegt nun ein Monstera-Blatt, das sich flügelartig ausbreitet. Die Monstera zählt zu den beliebtesten Zimmerpflanzen der Deutschen. Sie wirkt modern und trendy, ist dekorativ und strahlend grün.

Die Künstlerin verfällt jedoch nicht dem Wunsch nach einer grünen Idylle. Sie will kein Sammelbecken von Nährstoffen für die Fotosynthese geben. Eine Landschaft in Grün würde kaum in diese Kirche passen, deren Purismus dennoch nach Farben schreit. Darauf antwortet sie, indem sie in den zarten Tönen von Purpurrot, Violett, Rosa und Blau, Schwarz und Weiß sowie Grün auf die liturgischen Farben der Kirche verweist. Auch wenn sie die Blätter von Linde oder Zitterpappel aus der Natur nimmt, presst und fotografiert, so entsteht die Komposition letztlich im Computer durch Addition und Schichtung der Einzelteile. Sie verwandelt die Motive durch Farblicht in Lila und Rosa oder durch Farbe aus der Sprühdose. Was sie tut, entspricht dem Geist der Gursky-Klasse, die sich nicht mit dem bloßen Abbild begnügt, sondern autonome Bilder erzeugt.

Die Kunst Trojnarskis liegt im Als-Ob. Sie zeigt die Natur in den Formen der Blätter, aber nicht natürlich, sondern künstlich. Sie antwortet auf den sakralen Raum, den sie respektiert und der sie in seinen Höhenmaßen zur Höchstform anstachelt. Denn noch nie hat sie in einer Kirche gearbeitet, geschweige denn in der größten Citykirche der Protestanten. Normalerweise arbeitet sie in ihrem Atelier und stellt die Ergebnisse in einem rechtwinkligen Raum einer Galerie aus. Dass es diesmal eine runde Panoramawand ist, empfindet sie als Glück. Sehr leise bringt sie das graue Milieu der Umgebung zum Klingen. Ihr Panorama fügt sich wie geschaffen in diese Kirche, mit dem Kruzifix als Mittelachse.

Links und rechts der Altarstufen stellt sie auf filigrane Gestelle je ein braunes, gläsernes Gefäß, in das sie einen Ast mit einem Blatt vom Sandelholz als verlorene Form in Bronze gegossen hat. Zwischen Zweig und Gefäß stehen Räucherkegel, die die Besucher selbst anzünden können. Der Duft erinnert an Weihnachten oder an den Weihrauch in katholischen Kirchen, während sich leichte Rauchwolken im Gefäß sammeln und aufsteigen. Sie sollen eine meditative Stimmung erzeugen.

Nun aber nennt sich das Projekt „Apokalypse“, eigentlich ein Wort für Weltuntergang, Zerstörung und Katastrophe. Angelika J. Trojnarski hält sich im Sinne des christlichen Verständnisses eher an die Hoffnung. Frank Vogelsang von der Evangelischen Akademie im Rheinland zitiert in einer Broschüre zur Ausstellung die Offenbarung des Johannes mit den Bibelworten „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“. Die Künstlerin tituliert ihre Installation mit „Awe“ und erklärt sie mit dem Wort „Ehrfurcht“. Die Ränder des Stoffs hat sie allerdings an einigen Stellen angezündet.