(ujr) Er kommt am Rosenmontag um kurz nach 10 Uhr ganz locker mit seiner Gazelle aus Oberkassel auf die Corneliusstraße geradelt. Das E-Bike ist gut zu erkennen: Es ist mit vielen bunten Punkten verziert, als hätte es Dr. Konfetti entworfen. Verkleidet ist Jacques Tilly als indischer Schlangenbeschwörer. „Kulturelle Aneignung“, kommentiert er und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der „Wokeness“ hat er in diesem Zoch einen kritischen Wagen gewidmet. Tilly ist bester Laune und ausgeruht, aufgestanden ist er erst um acht Uhr. Am Tulpensonntag war das Team der Wagenbauer um 16 Uhr mit allem fertig, das ist angesichts der Aktualität der Wagen erstaunlich. „Die meiste Arbeit hatten am Schluss die Maler. Sie haben in der Nacht zu Sonntag noch den Merz-Wagen gestaltet“, sagt Tilly.
Bei der Zugaufstellung geht es Tilly wie vielen anderen, die entlang der Wagen schlendern. Er fotografiert die Mottowagen, die bei strahlendem Sonnenschein auf der Straße anders wirken als in der Wagenbauhalle. Immer wieder sprechen ihn Menschen an und bitten um ein Foto mit Tilly. Das macht er gerne. „Ich freue mich über den Zuspruch“, sagt er. Um 10.35 Uhr gibt es das erste Interview mit dem ZDF, das sich den Wagen mit den Nackedeis Putin, Trump und Xi als Hintergrund ausgesucht hat. Dann folgen Termine mit dem WDR für die Tagesschau, mit RTL und anderen kleineren Sendern. Dort sind die Wagen mit Alice Weidel als Nazi-Hexe und die Kumpanei der Präsidenten Trump und Putin zulasten der Ukraine die Drehorte. Erst nach dem Eklat im Weißen Haus am Freitag ist bei Letzterem der Zusatz „Hitler-Stalin-Pakt 2.0“ aufgebracht worden. Die Mottowagen wollen erklärt sein, das ist auch so, als die Übertragung vor dem Rathaus startet. Dort ist Tilly mit dem Investigativjournalisten Marcus Bensmann vom Recherchenetzwerk Correctiv verabredet. Er verfolgt mit dem AfD-Kenner den Zoch. Zwischendurch steht Tilly immer wieder dem WDR Rede und Antwort, wenn ein Mottowagen an der Tribüne vorbeizieht. Als der Umzug vorbei ist, geht es noch kurz in den Rathauskeller – und schließlich gegen 18 Uhr nach Hause.