Abschied: Letzter Rundgang durch die Ulmer Höh’

Bedienstete und Gefangene räumen jetzt aus. Kaum etwas wird mitgenommen.

Düsseldorf. Die Pritsche ist noch bezogen, auf dem Tisch steht eine angebrochene Tüte H-Milch, Poster mit halbnackten Mädchen hängen an den Wänden. Es riecht nach kaltem Rauch. Seit einer Woche steht die Ulmer Höh’ nach dem Umzug der Gefangenen in den JVA-Neubau in Ratingen leer. 30 Bedienstete und Inhaftierte sind jetzt damit beschäftigt, letzte Möbel und auch Schlösser auszubauen.

„Ich komme mir vor wie in einem Museum“, sagt Gefängnisleiter Bernhard Lorenz, der zum ersten Mal seit dem Umzug in der alten „Ulm“ ist. „Dieses Gemäuer sieht leer einfach furchtbar aus.“ Tatsächlich wirken die engen Zellen mit den schmalen Fenstern, die nur ein Stück Himmel erblicken lassen, und den Toiletten direkt zwischen Bett und Waschbecken im Vergleich zum Neubau mit abschließbaren Nasszellen wie das, was sie sind: aus dem vorigen Jahrtausend. „Eigentlich ein Unding“, findet auch ein 52-jähriger Häftling, der sechs Monate in Derendorf saß und jetzt aus der neuen JVA zum Arbeiten wieder herübergekommen ist. „Die neuen Zellen sind super — nur das Regelwerk ist viel strenger.“

Bemüht um eine „positive Ausstrahlung“ habe man sich aber auch in der Ulmer Höh’ bis zuletzt, sagt Lorenz. Noch 2006 wurden die Gänge gestrichen. „Und es war immer Leben hier“. Davon zeugen noch ein paar Pflanzen, die sich um das Gitter zwischen den Etagen ranken. Es war die große Besonderheit der Ulmer Höh’: Vom Erdgeschoss bis zum gläsernen Giebel sieht man durch das gesamte Haupthaus. So etwas geht heute wegen des Brandschutzes nicht mehr.

In der Anstaltskirche liegen rund um den Altar noch vertrocknete Tannen aus der Adventszeit. Das runde Fenster will Lorenz in die neue JVA retten. Und die grüne Glocke, die heute neben der Zentrale hängt. Alte Derendorfer erzählen sich, dass sie früher vom Kirchturm aus geläutet wurde, wenn Menschen in der „Ulm“ hingerichtet wurden. Im Zweiten Weltkrieg soll sie nach einem Bombentreffer heruntergefallen sein. Wo ihr neuer Platz im modernen Hochsicherheitsgefängnis sein wird, ist noch unklar.