Schulen Cybermobbing an Schulen: Hilft ein Handyverbot?
Düsseldorf · Am Geschwister-Scholl-Gymnasium sind seit drei Jahren Handys auf dem Schulgelände verboten. Wird das Handy trotzdem genutzt, wird es abgenommen und in einen Stahlschrank geschlossen. Die Eltern müssen es dann beim Schulleiter abholen.
Auch unter den Düsseldorfer Schulleitern hat sich der Vorfall am Max-Plack-Gymnasium innerhalb kürzester Zeit herumgesprochen: Nachdem immer wieder Lehrer in sozialen Netzwerken beleidigt und beschimpft wurden, hatte Schulleiterin Corinna Lowin entschieden, dass zwei Klassenfahrten abgesagt und alle Aktivitäten, die nicht zum Unterricht gehören, eingestellt werden. Sogar die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, nachdem mindestens ein Lehrer Anzeige erstattet hat. Der Vorwurf: Ein heimlich gemachtes und gefälschtes Foto von ihm wurde im Internet veröffentlicht. Eins, das im Unterricht aufgenommen wurde. Hätte da vielleicht ein Verbot von Smartphones geholfen?
Eine Schule, die bereits seit drei Jahren das Risiko heimlicher Aufnahmen im Unterricht eindämmt, ist das Geschwister-Scholl-Gymnasium. Handys sind auf dem Schulgelände verboten. Schulleiter Hans-Hermann Schrader hat gute Erfahrungen damit gemacht, sieht es aber nicht als Allheilmittel: „Es wäre blauäugig zu denken, dass dieses Verbot Cybermobbing verhindert“, sagt er. „Was nachmittags in den Whatsapp-Gruppen geschieht, liegt nicht mehr im Kontrollbereich der Schule. Und selbst da werden Bezüge zu Unterricht und Klassenkameraden hergestellt. So dass es wieder zur schulischen Angelegenheit wird.“
In diesen Fällen seien die betroffenen Schüler zur Rede gestellt worden. Im Klassenverband, im Klassenrat. „Den Schülern, aber auch den Eltern wurde deutlich gemacht, was den Kindern strafrechtlich blühen kann.“ Zu Konsequenzen wie am Max-Planck-Gymnasium sei es bisher aber nicht gekommen.
Der Schulleiter setzt auf Aufklärung und Prävention. „Die Schüler sollen wissen, welche Konsequenzen ihr Handeln haben kann. Und zwar bevor sie strafmündig sind“, sagt er. Unterrichtseinheiten zum Thema, fortgebildete Streitschlichter und Besuche von Polizisten, die Schüler über Formen von Cybermobbing und rechtliche Folgen aufklären, tragen dazu bei, dass es bisher noch zu keinem Vorfall wie am Stockumer Gymnasium gekommen sei. „Die Schüler müssen verstehen, dass das Internet keine Wildbahn ist, in der man die Sau raus lassen kann“, bringt der Schulleiter es auf den Punkt.
Für die Konsequenz der Schulleitungs-Kollegin hat Schrader Verständnis, betont jedoch: „Es darf nicht als Kollektivstrafe rüberkommen.“ Vielmehr müsse der Fokus darauf liegen, zu verdeutlichen, dass der Vorfall das Vertrauensverhältnis zwischen Schülern und Lehrern gestört hat. „Die anderen Lehrer zeigen sich mit den betroffenen Kollegen solidarisch. Das Vertrauen muss erst wieder aufgebaut werden, bevor sich jemand bereiterklärt, Klassenfahrten zu begleiten.“
Das Handyverbot am Geschwister-Scholl-Gymnasium ist fester Bestandteil des Schulprogramms. „Wir haben eine Erziehungsvereinbarung mit den Eltern getroffen. Die wird mit der Anmeldung bei uns unterschrieben“, erklärt Schrader. Bis auf eine Handvoll Eltern hätten alle Eltern eingewilligt. „Sie befürworten den Grundsatz“, sagt er. „Die Schüler sollen Aug in Aug kommunizieren und nicht über das Handy.“ Vorbei sind damit die Zeiten, in denen Gruppen von Teenagern auf den Fluren herumsaßen, auf ihre Displays starrten und miteinander chatteten, anstatt sich zu unterhalten.
Vor rund drei Jahren hat sich die Schulkonferenz auf das Handyverbot auf dem kompletten Schulgelände verständigt. Schon Jahre vorher hatten Lehrer, Eltern und Schüler über das Thema diskutiert. Die Beratungslehrer setzten sich schließlich für die Umsetzung ein, weil die Handynutzung immer weiter zunahm. „Zuerst wollten die Oberstufenschüler eine Ausnahmeregelung vereinbaren. Aber letztlich sahen sie ein, dass sie als gutes Vorbild vorangehen müssen“, sagt Schrader.
Seitdem sind die Regeln fester Bestandteil des Schulalltags. Regelverstöße werden konsequent geahndet. „Die Handys werden abgenommen und in einen Stahlschrank geschlossen“, sagt Schrader. Die Eltern müssen es dann bei ihm abholen. In der Regel persönlich. Nur in Ausnahmefällen melden sie sich telefonisch. Die Zahl der Regelverstöße zeigt, dass das Verbot von den Schülern verinnerlicht wurde: Zwei bis drei Handys pro Woche landen im Stahlschrank in Schraders Büro. Bei insgesamt 1000 Schülern an der Schule.
Dennoch ist Schrader überzeugt: Vor Cybermobbing schützt auch das Verbot nicht. Selbst vor Aufnahmen im Unterricht nicht. „Wenn es jemand wirklich drauf anlegt, dann schafft er es auch trotz Handyverbots heimlich zu fotografieren oder zu filmen“, sagt er. Das Risiko aber sei zumindest minimiert.
Eine Schülerin ist sogar noch optimistischer: „Die Angst, aufzufliegen und das Handy abgenommen zu bekommen, ist viel größer als der Drang, heimlich Fotos zu machen. Das Risiko will niemand eingehen.“