Düsseldorf Angriffe auf Rettungskräfte nehmen zu
Sanitäter nach Schlag dienstunfähig. Feuerwehr beklagt mehr und mehr Respektlosigkeit. Die beobachtet die Polizei schon länger.
Düsseldorf. Der Rettungsassistent der Feuerwehr, der am Sonntag bei einem Einsatz in Hassels durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt wurde, ist bis auf weiteres dienstunfähig. Zugeschlagen hatte der Sohn des verstorbenen Patienten, den die Retter vergeblich wiederzubeleben versuchten. Den Tag nach dem Vorfall verbrachte der Sanitäter zu Untersuchungen in der Uni-Klinik.
Da am Wochenende bereits zwei weitere Sanitäter bei einem Einsatz in der Altstadt in ein Gerangel geraten waren, wandte sich die Feuerwehr am Montag nun offensiv an die Öffentlichkeit. „Wir fordern mehr Respekt vor den Menschen, die anderen helfen wollen“, sagt Sprecher Jakob Nobis. Notwendig sei der Appell, da die Retter mehr und mehr verbalen und auch körperlichen Attacken ausgesetzt seien.
Trauriger Höhepunkt sei nun dieser Faustschlag. „So kann es nicht weiter gehen“, sagt Nobis, auch wenn er einordnet, dass es bei 100 000 Einsätzen im Jahr statistisch nur bei 30 zu Gewalttätigkeiten komme, oft zu reinen Verbalattacken. Entscheidend ist laut Nobis allerdings, dass diese Zahl steigt und im Einzelfall oft wenige Minuten über Leben und Tod entscheiden können.
Was seinen Kollegen widerfährt, erzählt der 31-jährige Rettungsassistent Meik Wessel: „Gerade an den Wochenenden sinkt die Hemmschwelle — durch Alkohol und Drogen.“ Das Verhalten sei mal schlicht gedankenlos, oft auch aggressiv. An Silvester sei er mehrfach mit Raketen beschossen worden, immer öfter würden sich Gruppen gegen die Einsatzkräfte solidarisieren.
Das berichtet auch ein Sanitäter der Johanniter, der anonym bleiben möchte: „Es ist mehr geworden. Wir werden beschimpft, bespuckt und angerempelt. Oft werden unsere Einsätze blockiert.“ Zu den harmloseren Vorkommnissen zähle es da, wenn Altstadtbesucher versuchten, auf den Rettungswagen aufzuspringen. Ernst werde es allerdings, wenn ein Sanitäter in einen Streit gerät und daraufhin die Treppe heruntergeschubst wird, wie der Johanniter über einen Kollegen berichtet.
Die Feuerwehr zieht erste Konsequenzen aus den Erfahrungen: Zum ersten Mal schickt sie in diesem Jahr alle 700 Einsatzkräfte zu einem längeren Deeskalationstraining. „So soll jeder Einzelne lernen, wie er es schaffen kann, auf der Kommunikationsebene den Druck aus der Situation zu nehmen“, sagt Sprecher Heinz Engels.
Was den Rettern entgegenschlägt, nimmt die Polizei schon länger wahr. Bereits 2008 hatte ein Dienstgruppenleiter aus der Altstadt einen Brandbrief veröffentlicht. Thema: gezielte Attacken auf die Polizei. Die Behörde reagierte mit erhöhter Präsenz, bis heute sind die Beamten in der Altstadt in Vierer- und Fünfer-Gruppen unterwegs.
Mittlerweile registriert die Polizei immerhin weniger Fälle von Widerstand gegen Polizeibeamte in der Stadt (2013: 359; 2014: 345, 2015 weiter rückläufig). „Trotzdem sind wir mit immer größerer Respektlosigkeit vor allem von jungen Männern konfrontiert, die unsere Arbeit behindern“, sagt Sprecher Markus Niesczery.
Schon bei einer simplen Ruhestörung wegen einer Party sei mit uneinsichtigem, aggressivem Verhalten zu rechnen. „Da wird uns oft gar nicht erst die Tür auf gemacht.“ Verbale Auseinandersetzungen und Schlägereien seien oftmals nur noch mit massiver Verstärkung zu schlichten, da sich die Gruppen schnell gegen die Polizei solidarisierten. „Da bindet ungeheuer viel Personal.“