Rotlicht-Prozess in Düsseldorf Anwalt: Entlastungszeugen werden mundtot gemacht
Die Verteidigung im Rotlicht-Prozess erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft.
Düsseldorf. Im Netz kursieren tausende Fotos von ihr. Am Dienstag erschien die 30-Jährige mit schwarzer Perücke und dicker Sonnenbrille im Landgericht. Denn die 30-Jährige, die als Penthouse-Model für Schlagzeilen sorgte, sollte im Rotlicht-Prozess um die Bordelle an der Rethel- und der Worringer Straße aussagen.
Die Dame soll selbst in einem der Clubs gearbeitet haben. Doch im Gerichtssaal wurde der Zeugin mitgeteilt, dass gegen sie ebenfalls in einem anderen Verfahren ermittelt wird. Daraufhin verweigert die 30-Jährige die Aussage, weil sie sich nicht selbst belasten muss. Für die Verteidigung steckt dahinter System. Rechtsanwalt Abdou A. Gabbar: „Entlastungszeugen werden von der Staatsanwaltschaft ganz gezielt mundtot gemacht.“
Erst vor zwei Wochen saß eine Prostituierte im Zeugenstand, die dann ebenfalls nichts mehr sagen wollte. Gabbar: „Einen Tag vor dem Gerichtstermin hat die Staatsanwaltschaft nach inzwischen dreieinhalb Jahren ein Ermittlungsverfahren gegen die Frau eingeleitet. Das ist für mich kein Zufall.“ Es sei verständlich, dass Zeugen sich nicht selbst durch eine Aussage in die Bredouille bringen wollen.
Wenig zimperlich sei die Staatsanwaltschaft auch mit einer anderen Zeugin umgegangen. Die Beraterin von Rotlicht-König Bert Wollersheim hatte im Prozess einige Aussagen korrigiert, die sie zunächst bei der Polizei gemacht hatte. Letztendlich waren ihre Angaben dann eher im Sinne der Verteidigung. Gabbar: „Gegen die Frau hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Falschaussage eingeleitet.“ So würden auch andere Zeugen unter Druck gesetzt.
Insgesamt habe es bei den Ermittlungen 272 verschiedene Fallakten gegeben: „Davon hat sich die Staatsanwaltschaft 17 Verfahren rausgenommen, die sich letztendlich gegen die neun Angeklagten richteten.“ Gegen fünf Beschuldigte wurden die Verfahren inzwischen abgetrennt, eine Prostituierte wurde freigesprochen.
Ralf Herrenbrück, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, weist die Vorwürfe zurück: „Wir haben damals vorsorglich alle Prostituierten mit in die Liste der Beschuldigten aufgenommen.“ Auch der Fall von vor zwei Wochen habe einen anderen Hintergrund. Das Verfahren gegen die Frau sei bereits eingestellt gewesen: „Es wurde auf richterlichen Hinweis wieder aufgenommen, weil die Frau auch in einem anderen Fall beteiligt gewesen sein soll.“
Ähnliches gilt auch für das schweigsame Model, das am Dienstag nach einem Kurzauftritt wieder aus dem Saal verschwand. Die 30-Jährige soll auf der Liste der Damen gestanden haben, als eines der potenziellen Opfer an der Rethelstraße angeblich abgezockt wurde. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.