Serie: Ferien-Klassiker Ausflug nach Solingen: Die Schleifer und die Wasserkraft

Eine Zeitreise: Der Wipperkotten ist der letzte erhaltene Schleifkotten in Solingen.

Foto: Uli Preuss/Michael Strahlen

Es rauscht. „Da, da“, ruft ein kleiner Junge. Er hat das Wasserrad gesehen und kniet auf der Brücke, die über den schmalen Seitenarm der Wupper führt. Das aufgewirbelte Wasser bildet Schaumkronen an der Oberfläche. „Da, da, da!“ Der Junge ist ganz außer sich. Er ist erst 16 Monate, erzählt die Mutter. Der große Bruder, fünf Jahre alt, stiefelt schon mal weiter. Er ist schon in den letzten original erhaltenen Solinger Schleifkotten eingetreten: Im Wipperkotten spielt sich das Wesentliche nämlich innen ab.

Foto: Uli Preuss/Michael Strahlen

Zwei Ehrenamtliche, darunter der Vorsitzende und Gründungsmitglied des Fördervereins, Lutz Peters, haben Dienst. Sie beantworten Fragen oder führen Besucher durch die untere Etage, wo die Kraft des Wassers weitere Räder antreibt, an denen Transmissionsbänder zu den Arbeitsplätzen, den Schleifsteinen führen.

Es riecht ranzig und modrig. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass dort um 1900 - trotz der beengten Verhältnisse - bis zu 30 Messermacher und Schleifer ihrer Arbeit nachgingen.

Heute vermietet der Förderverein vier Arbeitsplätze an drei Messermacher und einen Scherenschleifer. Der älteste von ihnen ist Kottenmeister Herbert Loos. Holzschuhe baumeln von der Decke, Werkzeug liegt herum. Die Zeit ist im Kotten stehengeblieben. Bausubstanz und Einrichtung wurden kaum verändert, das alte Handwerk soll so möglichst authentisch wirken. Die Besucher wissen das zu schätzen.

Und nicht nur Kinder bleiben vor dem Wasserrad, das zum Teil mit Holz ummantelt ist, stehen und staunen. Bis zu 30 Besucher kommen sonntags. Geöffnet ist am 1. und 3. Sonntag des Monats.

Auf der Etage unter dem Dach befinden sich die vermieteten Arbeitsplätze: Zutritt verboten. Dafür dürfen Neugierige in den kleinen Raum mit dem großen Schleifstein, Holzschuhe baumeln von der Decke, Zangen und anderes Werkzeug liegen herum.

Lutz Peters greift nach einem schweren Holzstück. „Das ist ein Schienbeinschoner“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins. In einem weiteren, viel kleineren Raum befinden sich weitere Schleifsteine. Auf einer Ablagefläche liegen unzählige Scherenrohlinge — sie sind allerdings stumpf.

Beim Kottenfest am Sonntag, 6. September, etwa zeigen die Schleifer dann, wie sie die Scheren ordentlich scharf bekommen und wie sie ihren schönen Glanz erhalten.