Ausgehen: Das Allround-Café löst die Eckkneipe im Stadtteil ab

Die Zahl der Kneipen hat abgenommen, aber manche Viertel expandieren. Gefragt sind Originalität und Vielseitigkeit.

Düsseldorf. Ein altes Sprichwort über den Berufsstand der Gastronomen müsste man heute abwandeln: Wer sich was traut, wird Wirt. Das Risiko eine Kneipe oder ein Restaurant zu eröffnen, ist wahrscheinlich größer denn je und viele scheitern.

Betrachtet man die Statistik der vergangenen Jahre, zeigt sich, dass die Zahl der Kneipen in Düsseldorf erkennbar abgenommen hat. Wer da bestehen will, braucht mehr als eine Theke, Bestuhlung und Abenteuerlust.

André Vazart hat bis vor einigen Wochen mit seiner Frau den Piefedeckel auf der Schloßstraße in Pempelfort betrieben, dann mussten sie die Segel streichen: "Wir sind nicht die einzigen in der Ecke", erzählt er, "der Ulmenhof und die Frankenklause haben ebenfalls zugemacht."

Fragt man Vazart nach den Gründen für den Niedergang des Piefedeckels, überlegt er nicht; der Vertrag mit der Brauerei habe ihm das Leben schwer gemacht. Miete und Bierpreis seien über Jahre festgelegt und der Wettbewerb ausgeschaltet.

Doch es finden sich noch andere Gründe zur Klage. Viele Wirte berichten von steigenden Energiekosten: "Aber bei 1,20 Euro für ein Bier ist bei unseren Gästen die Grenze", sagt Vazart. Zudem macht man sich in den kleinen Eckkneipen über die Anti-Rauch-Bewegung Sorgen, und wegen der Wirtschaftskrise sind zuletzt viele einfach zu Hause geblieben.

Jedoch ist das nur eine Seite der Medaille, es gibt auch gegenläufige Trends. Thorsten Hellwig, Sprecher des Gaststättenverbandes Dehoga, hat beobachtet, dass es vor allem für Kneipen in den Stadtteilen nicht mehr einfach ist, sich zu halten. "Dagegen gibt es einige gastronomische Boomviertel in der Stadt, die wachsen oder sich auf hohem Niveau halten wie den Medienhafen, den Flughafen oder die Altstadt."

Aber es gibt noch weitere Ecken in der Stadt, die sich zu Ausgeh-Zentren entwickelt haben, etwa um die Ackerstraße oder die Bilker Kirche herum. Dort hat vor einigen Jahren das Lokal Seifen-Horst aufgemacht, dessen Erfolgsrezept auch darin besteht, sich von anderen zu unterscheiden. Der Thekenraum hat noch die Original-Einrichtung des Vorgängers: einer Drogerie aus den 60er Jahren - Kultfaktor: hoch. Dazu kommt ein uriger kleiner Biergarten im Hinterhof, Sitzgelegenheiten vor der Tür mit Blick auf den lebhaften Platz, gelegentliche DJ-Abende.

Gastronomie-Experte Rainer Spenke kennt weitere Gegenrezepte. Zwar sieht auch er Probleme vor allem für Vorstadtkneipen. Aber er sieht auch eine Vielzahl von kleinen Cafés und amerikanischen Kaffeehausketten, die in den vergangenen Jahren neu eröffnet hätten. Kneipiers rät er deshalb zum Rund-um-die-Uhr-Angebot: "Man muss den ganzen Tag und Abend den Gästen offenstehen und möglichst von Frühstück bis Abendessen immer Speisen anbieten." Wer Miete zahle, müsse seine Räume effizient nutzen.

Übrigens sind André Vazart und seine Frau längst wieder auf der Suche: nach neuen Räumen zu guten Konditionen. Und am liebsten in derselben Gegend, wegen der Stammgäste. Optimismus ist bei Wirten eben auch Pflicht.