Betreute Wohngemeinschaften als Modell für die Zukunft
Zwangsversteigerungen für Pflegekosten sollen die absolute Ausnahme bleiben.
Düsseldorf. Für Aufsehen sorgte der WZ-Bericht über einen Zivilprozess, den die Stadt gegen ein Angermunder Ehepaar führt. Dieses soll sein Eigenheim verkaufen, um die Pflegekosten für die 92-jährige Mutter zu decken. Die 52-Jährige ist aber selbst MS-krank und sitzt im Rollstuhl. „Eine absolute Ausnahme“, wie Roland Buschhausen, der Leiter des Amtes für soziale Sicherung, betont. Es seien weniger als fünf Fälle im Jahr, schätzt Rainer Gilles, Leiter der Rechtsstelle beim Sozialamt, in denen es am Ende tatsächlich zu Zwangsversteigerungen kommt.
Auch im Fall der Angermunder Familie war es eher ein Kommunikationsproblem, das zur Eskalation führte. „Normalerweise versuchen wir so etwas mit den Angehörigen vernünftig zu regeln“, sagt Buschhausen. Das gelinge auch fast immer. Vorrangig sei es, dass niemand sein Zuhause verlassen muss. Düsseldorf habe da ein besonderes System entwickelt. Gilles: „Wir lassen uns die Forderung dann als Hypothek eintragen.“ Das Geld wird dann erst fällig, wenn der Betroffene selbst stirbt oder das Haus verkauft.
Kompliziert wird es allerdings, falls Eigenheime — wie in dem Angermunder Fall — als Schenkung auf Angehörige übertragen wurden. Denn wenn der ehemalige Eigentümer innerhalb einer Frist von zehn Jahren selbst pflegebedürftig wird, kann diese Schenkung wieder rückgängig gemacht werden. Buschhausen: „Wir sind sogar gesetzlich verpflichtet, uns diese Kosten dann wiederzuholen.“ Allerdings gebe es auch hier Verhandlungsspielraum, so dass fast immer eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann.
Zurzeit gibt es in Düsseldorf rund 14 000 Senioren, die älter als 85 Jahre sind, Tendenz steigend. Von denen sind rund 5100 in Akten- und Pflegeheimen untergebracht. Damit sind praktisch alle Plätze belegt. „Darum werden wir auch in Zukunft nach neuen Lösungen suchen müssen“, kündigt Buschhausen an. So soll die ambulante Pflege gefördert werden, damit Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Auch Angehörige sollen bei der Pflege ihrer Verwandten mehr Unterstützung bekommen.
Aber es gibt auch ganz neue Ansätze, nämlich betreute Wohngemeinschaften. Gilles: „Zehn bis zwölf Personen sollen dort gemeinsam leben können.“ Das biete mehr Lebensqualität und mehr Individualität als eine Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung. Es sei absolut notwendig, über solche neuen Formen des Zusammenlebens nachzudenken. Buschhausen: „Nicht jeder muss ins Heim.“
Die beiden Experten empfehlen, sich auf den Fall der Fälle vorzubereiten und Kontakt mit den Zentren plus in den Stadtteilen aufzunehmen. Die freuen sich übrigens auch über ehrenamtliche Mitarbeiter ab 50 Jahren, die in den verschiedenen Einrichtungen aktiv sein möchten.