Das Ende der Verbotenen Liebe
Fast 20 Jahre lang hat die ARD-Vorabendserie „Verbotene Liebe“ das Image Düsseldorfs in der ganzen Republik geprägt. Anfangs haben fast drei Millionen Menschen jeden Werktag die Geschicke der glamourösen, aber fiktiven Düsseldorfer Adelsfamilie von Lahnstein verfolgt. Zuletzt war es nur noch eine Million — zu wenig: Die Serie wird nach über 4500 Folgen Anfang 2015 endgültig abgesetzt. Ein Nachruf.
Düsseldorf. Es wird was fehlen in Düsseldorf. Bald werden keine Straßen mehr abgesperrt für Dreharbeiten, stehen den Anwohnern keine Produktionsfahrzeuge mehr im Weg, und ein schüchterner Blick auf jene Hochwohlgeborenen, die werktags das Vorabendprogramm im Ersten bevölkern, wird auch nicht mehr möglich sein. Die „Verbotene Liebe“ wird 2015 eingestellt, und Düsseldorf verliert damit sein letztes bisschen adelige Noblesse. Zumindest im Fernsehen.
Nicht länger wird es bundesweit um diverse rheinische Vons gehen, um die von Lahnsteins, um die von Anstettens, um Menschen, die in Schlössern wohnen, die es in Düsseldorf so gar nicht gibt. Schon mehrfach wollten „Verbotene Liebe“-Fans schauen, wo denn diese sehr besonderen Menschen residieren, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Zuschauern werktäglich neben dem Schwenk übers Rheinpanorama als Abendbrotbeigabe serviert. Sie wurden bitter enttäuscht. Nicht nur stehen die meisten Anwesen irgendwo anders im Bundesland herum, auch das Innenleben hat schlichtweg nichts mit Düsseldorf zu tun. Das, was bei „Verbotene Liebe“ drinnen spielt, kommt aus Köln-Ossendorf. Dort stehen in einer Industriehalle die Wohnzimmer, oder besser gesagt, die Gemächer derer von und zu. Dort wird so fleißig intrigiert und betrogen, hintergangen und belogen, geliebt und gelitten, wie es sich für eine veritable Seifenoper nun mal gehört.
Die „Verbotene Liebe“ ist heutzutage ein riesiges Fließbandunternehmen, das glitschige Ware herstellt, auf der es sich für manche Zeitgenossen herrlich durch den Vorabend gleiten lässt. Wie anders war das, als sich 1995 zum Start noch alles um ein ungleiches Liebespaar drehte, das zueinander nicht kommen durfte, weil es in Wahrheit verschwistert war. Was als Bauerntheater für verwirrte Groschenromanleserinnen begann, wurde in der Zwischenzeit aufgeblasen zu einem Epos um das Gefälle zwischen adeligen und bodenständigen Familien, zwischen Träumern und Karrieristen, zwischen Mode und Money.
Dass Düsseldorf dabei immer mehr zum Hauptspielort wurde und den Nebendrehschauplatz Köln an die Seite drängte, gereichte der Landeshauptstadt nicht durchweg zur Ehre. Das Bild, das die Serie von den Schönen und Reichen, von den Gemeinen und Gerissenen zeichnete, wirkte leicht wie eine Karikatur der hiesigen Verhältnisse. Gelegentlich wurden gar die üblichen Klischees, die jenseits von Dormagen über Düsseldorfer gehandelt werden, auch gerne mal übererfüllt.
Insofern wird Düsseldorf ab 2015 nicht allzu viel fehlen. Nie hat die „Verbotene Liebe“ die Stadt wirklich geprägt. Da half es nicht einmal, dass Joachim Erwin 2006 eine winzige Gastrolle bekam. Er spielte damals, was er konnte, den Oberbürgermeister.
Damals stand die Serie indes noch in voller Blüte. Das hat sich in den letzten Jahren drastisch geändert. Zunehmend wurde die „Verbotene Liebe“ als Verschiebemasse missbraucht. Schon als im Januar 2012 in der Nachresidenz die 4000. Folge gefeiert wurde, fiel die Stimmung eher mäßig aus, denn da schon wurde die Soap verschoben, damit Thomas Gottschalk seinen Vorabendflop punktgenau im Quotennirwana landen konnte. Vor kurzem fiel sie gar ganz aus, damit Jörg Pilawa mal eine Weile zeigen konnte, dass die ARD sehr, sehr lange braucht, um die „Quizduell“-App ans öffentliche Funktionieren zu bringen. Alles scheint im Ersten inzwischen wichtiger als die „Verbotene Liebe“.
Niemanden war also wirklich überrascht, als am Donnerstag das bevorstehende Verlöschen des Dauerbrenners verkündet wurde. Für Düsseldorf stellt das vorerst mal keinen allzu bemerkenswerten Schaden dar. Die Stadt bleibt als Drehort attraktiv. Mit oder ohne „Verbotene Liebe“.