Interview Die Krise wird auch den Kulturbetrieb prägen

Düsseldorf · Interview Nicole und Uwe Schrumpf von den Düsseldorfer Symphonikern sprechen über das Familienleben und Zeiten zum Üben. Die Musiker sind sich sicher, dass die Menschen nach der Kontaktsperre in die Konzerte stürmen werden. Das sei auch schon nach dem Krieg so gewesen.

Nicole und Uwe Schrumpf sind bei den Düsseldorfer Symphonikern und haben jetzt mehr Zeit für ihre Kinder.

Foto: ja/Brusch

Die erste Frage mag für ein Interview eher ungewöhnlich sein, aber in heutigen Zeiten gar nicht so abwegig. Wie geht es Ihnen?

Nicole Schrumpf: Es geht uns gut. Die Kinder genießen, dass wir abends zur Zeit zu Hause sind und kein Babysitter kommen muss.

Sie sind noch nicht im Lagerkoller?

Nicole Schrumpf: Wir sind zum Glück noch gar nicht im Lagerkoller. Natürlich fliegen auch mal die Fetzen. Die Kinder sind acht und zehn, da kann das mal vorkommen.

Uwe Schrumpf: Als Musiker sind wir ja auch gewohnt, Selbstdisziplin zu haben, den Tag klar zu strukturieren, an der Sache dran zu bleiben. Dies hilft uns jetzt beispielsweise auch dabei, mit den Kindern die Hausaufgaben zu machen. Und wir genießen die Zeit mit unseren Kindern, gerade auch jetzt. Versuchen also das Beste daraus zu machen und auch das Effektivste; auch wenn es immer schockierend ist, die Nachrichten zu sehen oder sich zu überlegen wie es weitergehen wird. Auch darüber nachzudenken, was es für Auswirkungen auf die Gesellschaft haben könnte. Wir können all das gerade ja nicht beeinflussen.

Was hat sich in Ihrem musikalischen Tagesablauf geändert?

Nicole Schrumpf: Die Übezeit ist im Prinzip gleich geblieben. Ich bin Klarinettistin und habe ziemlich viele Klarinettenblätter vorbereitet. Ich nutze die Zeit, um Blätter einzuspielen. Im normalen musikalischen Tagesablauf hat man sonst nicht so viel Zeit dafür.

Können Sie zu Hause üben?

Nicole Schrumpf: Wir haben ein Haus und haben ein Übezimmer, das auch abisoliert ist. Da können wir uns zurückziehen.

Uwe Schrumpf: Das hilft auch bei dem Lagerkoller, wenn man mal nur ganz alleine für sich übt. Wenn man sagen kann: Eine Stunde darf ich nicht gestört werden.

Im Moment sind wir in einer Übergangsphase. Es fühlt sich zurzeit noch fast wie eine Spielzeitpause unter merkwürdigen Vorzeichen an. Aber wer weiß, wie lange das noch andauern wird. Wie sehen Sie die Perspektive?

Uwe Schrumpf: Wir hoffen natürlich, dass es noch vor den großen Ferien wieder los geht. Wir können ja nicht wirklich richtig gut etwas alleine machen. Als Düsseldorfer Symphoniker sind wir angewiesen auf die Kollegen. Als Orchestermusiker ist man von der Gesellschaft, von den anderen Musikern abhängig. Deshalb versuchen wir die Gedanken, dass es länger dauern könnte, gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Nicole Schrumpf: Wenn man sich dann auch wieder mit mehreren treffen darf, wird es auch schon etwas anders aussehen. Kammermusik kann man dann auf jeden Fall machen. Das könnte man auch streamen. Ich bin mir sicher, dass sich unser Orchesterbüro dazu bestimmt einiges schon überlegt hat, wie es weitergehen könnte, wenn es vielleicht doch noch keine Konzerte gibt.

Nach großen Krisen gab es immer wieder das Phänomen, dass sich Kultur in großen Sprüngen ästhetisch weiterentwickelt hat. Auch mit großer Wucht. Glauben Sie, dass es jetzt auch so etwas geben könnte?

Uwe Schrumpf: Natürlich, weil es die Menschen verändert. Und dadurch, dass es die Menschen verändert, wird es den Kulturbetrieb definitiv prägen. Und auch das Publikum. Das vielleicht dadurch feststellt: Konserven sind dann doch nicht so toll. Jetzt wollen wir wieder was Lebendiges erleben.

Wenn einem etwas fehlt, merkt man wie wichtig es einem doch war und ist.

Uwe Schrumpf: So war es auch im Krieg. Danach sind die Menschen ebenfalls wieder voller Begeisterung in die Konzerte gestürmt, selbst wenn sie sich nichts zum Essen leisten konnten. Ich denke, auch jetzt wird es wieder einen großen Ansturm auf die Konzerte geben, und sie werden auch anders sein, das glaube ich schon.

Wie ist denn die allgemeine Stimmung unter Ihren Kollegen?

Nicole Schrumpf: Ich kann nur für unsere Klarinettengruppe sprechen. Da geht es noch einigermaßen. In unserer Gruppe gibt es eigentlich keine Pessimisten.

Uwe Schrumpf: Es kommt auch darauf an, in welcher Situation die Menschen leben. Mit Kindern ist es einfach, denn man ist eingespannt, mit viel Abwechslung. Schlimm ist es für Alleinstehende, die allein in der Wohnung sind und teilweise da gar nicht üben können. Oder auch für ältere Kollegen, die ihre Enkel nicht sehen können. Als Musiker ist man eigentlich ständig mit Menschen zusammen, und das fehlt jetzt vielen schon sehr.