Düsseldorf Die Schokoladenseite der Geschichte
Studenten eines Seminars der Uni Düsseldorf haben in Kooperation mit dem Schokoladenmuseum Köln die rheinische Schokoladenindustrie erforscht. Auch Düsseldorf wurde untersucht.
Düsseldorf. Wir blicken einmal nach Köln: Am dortigen Schokoladenmuseum ist noch bis November die Ausstellung „Schokoladenrausch im Rheinland“ zu sehen — Ein umfangreiches Thema, hat doch die Schokolade die Rheinische Industrie vom Ende des 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert maßgeblich geprägt. Bei der Recherche für die Ausstellung hat man auf eine Kooperation gesetzt: Düsseldorfer Studenten der Heinrich-Heine-Universität haben die vielen verschiedenen Firmen erforscht und ihre Ergebnisse dem Schokoladenmuseum zur Verfügung gestellt.
Das Projektseminar „Rheinische Schokoladenindustrie zwischen Emmerich und Bonn“ dazu hat die Dozentin Margrit Schulte Beerbühl im letzten Wintersemester angeboten. „Und wir haben uns angemeldet, weil das erst mal so gut klang“, sagt die Studentin Anna Kurtz. Sie und ihre Kommilitonin Katharina Ritter haben sich mit der Schokoladenindustrie in Düsseldorf befasst. Beide sind Düsseldorferinnen, es war also ihr Wunschthema. Und: „Ich liebe Heinemann“, sagt Katharina Ritter lachend. Sie und ihre Freundin Anna sind im vierten Semester und studieren Geschichte im Hauptfach.
Heinemann und Otto Bittner sind die zwei großen Schokoladenfabrikanten der Stadt, deren Firmengeschichte Anna Kurtz und Katharina Ritter nun fast auswendig können. „Wobei Heinemann ja ursprünglich in Mönchengladbach gegründet wurde, 1932 war das“, sagt Ritter. Der Sohn des Gründers Hermann Heinemann, Heinz-Richard Heinemann, führte das Unternehmen aber erst mit der Expansion nach Düsseldorf — 1967 wurde an der Königsallee 30 die erste Filiale eröffnet — zu seiner überregionalen Größe. Auch entwickelte er das typische, grün-weiße Design der Verpackungen.
Die Firmengeschichte von Otto Bittner ist turbulent, sogar tragisch. 1905 übernahm Otto Bittner aus Unna eine Konditorei an der Kasernenstraße 11, im Herzen der Altstadt also. Schon bald vergrößerte er sich räumlich, eröffnete eine zweite Filiale an der Königsallee 44. Im zweiten Weltkrieg wurde die Schokoladenfabrik in Bilk zerstört, und bald darauf, im Jahr 1949, verstarb der Unternehmensgründer. Sein Sohn Otto Junior baute das Unternehmen wieder auf und vergrößerte es um zwei neue Filialen, unter anderem um die bis heute bestehende am Carlsplatz. Jedoch kamen seine beiden Kinder auf tragische Weise ums Leben, seine Frau Elfriede und er begingen deshalb im Jahr 1971 Selbstmord. Seit dem ist Otto Bittner nicht mehr in Familienhand, die Filiale an der Kö gibt es seit 1990 nicht mehr.
Anna Kurtz und Katharina Ritter haben lange in vielen verschiedenen Stadtarchiven gesessen, um alle Informationen zu sammeln. „Es ist wirklich spannend, wie gut man seine Stadt bei dieser Arbeit kennenlernt“, sagt Ritter und nennt als Beispieldie Schokoladenfabrik der Bittners an der Jahnstraße. Wo einst Kakaobohnen gemahlen wurden, werden jetzt exklusive Wohnungen für „La Couronne de Düsseldorf“ gebaut. „Dass dort mal eine Schokoladenfabrik stand, weiß doch fast niemand mehr.“
Die beiden haben die Ausstellung in Köln schon besucht und Teile ihrer Texte auf den Schautafeln wiedergefunden. Thomas Schiffer, Museumspädagoge, zieht ein positives Fazit der Zusammenarbeit. „Natürlich konnten wir rein quantitativ nicht alles verwenden, was die Studenten geliefert haben. Aber in einer Ausstellung will der Besucher nun mal keine 20 Seiten Text lesen.“ Auch mit der Qualität der Recherche sei man grundsätzlich sehr zufrieden gewesen. „Eine ähnliche Zusammenarbeit ist in Zukunft durchaus wieder denkbar“, so Schiffer.
Die Professorin für Neuere Geschichte Margrit Schulte Beerbühl ist durch ihre Untersuchungen zur rheinischen Ernährungsgeschichte auf die Geschichte der Schokolade in der Region gestoßen. Schokolade sei wissenschaftlich hochinteressant, weil sie als einer der ersten Wirtschaftszweige das Wesen der Industrialisierung abbildet und die Unternehmen von Anfang an in einem internationalen Wettbewerb standen. „Mittlerweile haben wir eine Datenbank von etwa 500 Schokolade verarbeitenden Unternehmen angelegt, die es zwischen 1850 und 1970 von Emmerich bis Bonn gab“, sagt die Dozentin. Sie wird dieses Thema weiter erforschen, über die bisher gesteckten geografischen Grenzen hinaus. Mit dem Schokoladenmuseum arbeitet sie schon seit 2010 zusammen, die Arbeit im Seminar empfand sie als sehr nützlich für alle Beteiligten. „Die Studenten haben wirklich sehr engagiert mitgearbeitet.“
Anna Kurtz möchte nach dem Studium gerne in den Bereich der Museumspädagogik einsteigen, Katharina Ritter macht ihr Auslandssemester in London bei dem renommierten Kunsthändler Sothebys, danach macht sie noch ein Praktikum im Kunstpalast hier in Düsseldorf. „Von daher hat dieses Seminar mehr als gut zu uns gepasst“, so Ritter.