Immobilien in Düsseldorf Was Experten für den Düsseldorfer Immobilienmarkt erwarten
Düsseldorf · Insolvenzen von Entwicklern, dazu hohe Zinsen und Baukosten: Experten sagen, was die Folgen für Preise und Neubauten sind.
Für den dringend benötigten Neubau von Wohnungen sehen Immobilienmarkt-Experten schwarz. Verschärft werde die aufgrund gestiegener Zinsen und Baukosten sowieso schwierige Lage durch die Insolvenzen von Entwicklern. „Und das werden nicht die letzten gewesen sein“, sagt Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer der gemeinwohlorientierten Rheinwohnungsbau, voraus. Auch Carsten Meier, Chef des Rings Deutscher Immobilienmakler in Düsseldorf sagt: „Es werden viele umkippen, die auf höhere Preise spekulierend gekauft haben.“ Von einer „überhitzten Situation“ und einer „Preisspirale“ spricht Hummelsbeck. Mit Blick auf die von Entwicklern bezahlten Preise für Grundstücke sagt er: „Da sind Summen gezahlt worden, die nicht gerechtfertigt waren.“ Die jetzt im Zuge des Ukraine-Kriegs so stark gestiegenen Baukosten und Zinsen führten zu einer toxischen Situation. Überleben würden aber die Bestandshalter, „die sich mit einer übersichtlichen Rendite zufrieden geben“.
Das Problem für viele Entwickler: Die Vermarktung ihrer Objekte verläuft viel schlechter als erwartet, die erwarteten Einnahmen bleiben also aus oder verzögern sich stark. Grund: Gestiegene Zinsen, Inflation und strengere Banken dezimieren die Zahl potenzieller Käufer erheblich. Verstärkt wird das durch die jetzt steigende Sorge vor Insolvenzen. Gleichzeitig müssen die Entwickler selbst höhere – weil variable – Zinsen und Baukosten tragen, zumal bei mit Handwerkern vereinbarten Preisgleitklauseln.
Die Rahmenbedingungen
für den Neubau sind schlecht
Die derzeitigen Rahmenbedingungen führen so zum Einbruch des dringend benötigten Neubaus. „Wo der erste Spatenstich nicht erfolgt ist, wird das Projekt komplett auf Eis gelegt“, sagt Meier. Die Insolvenzen sorgten da für noch mehr Unsicherheit. Volker Eichener, Stadtforscher an der Hochschule Düsseldorf, der für Aengevelt auch Analysen des Immobilienmarktes durchführt, weist darauf hin, dass selbst große Bauträger wie Vonovia Neubauprojekte aussetzen. Verschärfend hinzu komme, dass sich bereits im Bau befindliche Objekte von insolventen Unternehmen oft um Jahre verzögern würden. Es drohten Zwangsversteigerungen, dafür brauche es Gutachten, Käufer müssten selbst neue Ausschreibungen machen, Architekten einschalten, möglicherweise seien auch Schäden auf den Baustellen entstanden, die erst mal beseitigt werden müssen. Und das bei wiederum geringen Kapazitäten der Handwerker. Eine weitere Konsequenz laut Eichener: Investoren seien immer weniger bereit, ihr Geld in den Immobilienmarkt zu stecken. „Es wird an allen Ecken und Enden schwieriger.“
Eine weitere Wendung ergänzt Reiner Braun, Chef des Forschungs- und Beratungsinstituts Empirica. Die Bauträger seien stets die ersten, die Pleite gingen. Doch dann folgten oft die Bauunternehmen, wenn sie auf unbezahlten Rechnungen sitzen blieben. Wenn dann Entlassungen die Folge seien, schrumpften die Kapazitäten der Bauwirtschaft noch mehr.
Braun geht davon aus, dass die Fertigstellungszahlen mindestens bis 2025 weiter einbrechen, von einer Halbierung gehe er sogar aus. Selbst wenn die Politik jetzt das Ruder herumreiße und Rahmenbedingungen verändere, dauere es eben mittlerweile zwei bis drei Jahre, bis ein Mehrfamilienhaus fertiggestellt ist. „Es sieht erstmal sehr schlecht aus.“ Auch Eichener pflichtet bei. Aus seiner Sicht werde dieses Jahr noch milde verlaufen, da noch laufende Projekte beendet würden, 2024 werde das schon ganz anders aussehen.
Um so wichtiger ist es aus Sicht der Experten, dass die Politik tätig wird. Meier kritisiert: „Aus Berlin kommt nur heiße Luft.“ Höhere steuerliche Abschreibungen für Baukosten, wie von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) vorgeschlagen, seien eine gute Idee, wie auch Eichener findet. Es gehe zudem darum, immer höhere und kostentreibende Auflagen für Schallschutz und Dämmung zu überdenken. Meier und Eichener verweisen darauf, dass vor allem Altbauten ökologisch bedenklich seien, da müsse man dringender ran. Das heißt laut Eichener wiederum, dass über die derzeit schon nicht erreichbaren Neubauziele hinaus in hohem Maß im Bestand gebaut und saniert werden müsste.
Experten bewerten die Preisentwicklung unterschiedlich
Auch auf kommunaler Ebene sieht Eichener einen Hebel für mehr Neubauten: „Es gibt wahnsinnig viel grüne Fläche in Düsseldorf. Es sollte viel mehr Bauland ausgewiesen werden.“ All die Maisfelder hätten keinen ökologischen Wert. Es gehe natürlich nicht darum, Wälder zu roden.
Zu etwas unterschiedlichen Einschätzungen kommen die Experten bei der Frage nach der Preisentwicklung. Einen starken Einbruch sieht aber keiner voraus, nachdem es im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent nach unten gegangen war. Am ehesten glaubt Eichener an wieder steigende Preise. Ihr nachgeben sei nur eine kurzfristige Reaktion auf höhere Zinsen. Denn im Zuge der Inflation stiegen auch die Einkommen und damit die Spielräume potenzieller Käufer. „Nach dieser Delle wird das Preisniveau wieder langsam steigen.“ Dazu beitragen würden die derzeit steigenden Mieten und damit die Ertragswerte für Investoren und Vermieter. Auch Makler Meier verweist auf das „nachweisbar extreme Anziehen auf dem Mietmarkt“, was am langen Ende wiederum auf die Kaufpreise wirken werde. „Ich sehe derzeit nur eine Korrektur, keinen Einbruch.“ Er könne Anleger in Immobilien beruhigen. Zumal er derzeit keine weiteren Zinserhöhungen erwarte. Nach der gegenwärtigen Konsolidierung, in diesem Jahr wohl auch noch mit Rückgängen im zweistelligen Prozentbereich, könnten in drei bis fünf Jahren wieder Wertsteigerungen zu verzeichnen sein. „Aber nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren.“ Offener ist Brauns Prognose. Zwar sieht auch er Effekte wie steigende Mieten aufgrund eines knappen Angebots sowie höhere Löhne. Andererseits hätten angesichts des Zinssprungs die Preise noch viel stärker einbrechen müssen. Auch die Bundesbank sah 2022 in Großstädten wie Düsseldorf Immobilien um mehr als 35 Prozent überbewertet. „Es ist ein Tauziehen, es gibt Gründe für fallende, aber auch für steigende Preise. Letztlich gibt es noch eine Art labiles Gleichgewicht.“ In den nächsten Jahren könnten die Preise grob geschätzt sowohl um zehn Prozent höher oder noch einmal um diesen Wert niedriger liegen. Ein wichtiger Faktor seien die gesetzlichen Vorgaben für energetische Sanierungen und Heizungen. Wenn da Klarheit herrscht, könne es gerade bei Bestandsimmobilien nach besonders deutlichen Korrekturen sogar eine preisliche Erholung geben.