Vorschlag für Düsseldorfer Milliardenprojekt „Wir sollten ab sofort Geld für die Oper zur Seite legen“

Interview | Düsseldorf · Der FDP-Fraktionschef über ein Sparschwein für die Oper und warum das Projekt das Geld wieder einspielt.

Manfred Neuenhaus auf dem Marktplatz vor dem Rathaus. Der FDP-Politiker ist gebürtiger Düsseldorfer und spielt seit einem Vierteljahrhundert eine zentrale Rolle in der Kommunalpolitik.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wir treffen Manfred Neuenhaus in seinem Büro im Rathaus. Der Chef der FDP-Fraktion ist Vorsitzender des Kulturausschusses und sieht dem Ratsvotum für oder gegen den Architektenwettbewerb für den Neubau der Oper mit Spannung entgegen. Die Situation ist brisant. Da die CDU in der Opern-Frage ihren Kooperationspartner Grüne verloren hat, kommt es auf die Zustimmung aus Reihen der Opposition an. Neuenhaus ist davon überzeugt, dass Düsseldorf die neue Oper braucht.

Herr Neuenhaus, das Opernprojekt hat zuletzt einigen Gegenwind bekommen. Wie nehmen Sie die Diskussion wahr?

Manfred Neuenhaus: Debatten muss man führen bei einem solchen Großprojekt. Was mich aber wirklich stört, sind manche Argumente der Gegner. Was da angeblich alles schiefgeht in dieser Stadt, wenn die Oper gebaut wird, geht auf keine Kuhhaut. Außerdem wird vernachlässigt, dass die Oper nicht mehr saniert werden kann oder dies mindestens eine halbe Milliarde Euro kosten würde – ohne jeden Mehrwert.

Was stört Sie an der Kritik? Es geht um die Frage, wofür in der Stadt Geld ausgegeben werden soll. Darüber kann man doch streiten.

Neuenhaus: Dann aber bitte sachbezogen. Es werden stattdessen Ängste geschürt, etwa von den Grünen. Wir wissen, dass die Verkehrswende viel Geld kostet und wir wollen auch, dass der Schulbau weitergeht. Dagegen muss man aber nicht ein Mehrgenerationenprojekt wie die Oper ausspielen. Das ist, wie Oberbürgermeister Keller gesagt hat, als solches anzusehen und soll auch so finanziert werden. Keller sprach sogar einmal von 50 Jahren.

Das Geld wird aber knapper. Es werden auch negative Folgen für das soziale Netz befürchtet, wenn ein Milliardenprojekt wie die Oper verwirklicht wird.

Neuenhaus: Das ist Schwarzmalerei und ein ziemlicher Unsinn. Wir haben solche Befürchtungen schon lange widerlegt. Seit 30 Jahren verwirklichen wir Großprojekte in dieser Stadt und haben gleichzeitig die sozialen Leistungen ausgebaut. Das ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten geschehen, etwa nach der Wiedervereinigung oder nach der Bankenkrise. Wenn wir heute Rekordsteuereinnahmen haben, dann hängen diese ursächlich mit den Großprojekten der Vergangenheit zusammen. Reden Sie mit Oberbürgermeistern aus anderen Städten, die haben längst verstanden, was ein Rheinufertunnel, ein Kö-Bogen und Hallen wie Arena und Dome für die Wirtschaft und die Arbeitnehmer, die in eine Stadt geholt werden sollen, bedeuten. Wir haben bundesweit einen Fachkräftemangel. Gewinnen im Kampf um Köpfe werden attraktive Städte.

Die Kosten und die Finanzierung der Oper sollten früh geklärt werden. Erst danach sollten Architekten Entwürfe machen. Das ist eine der Forderung der Kritiker.

Neuenhaus: Das sind Verzögerungstaktiken, die mit den üblichen Abläufen nichts zu tun haben. Die Kosten konkretisieren sich ja erst, wenn man die Entwürfe kennt. Ich sage etwas anderes zum Thema Finanzierung: Wir haben aktuell 700 Millionen Euro auf dem städtischen Sparbuch. Wir sollten ab sofort für den Opernbau sparen und beginnen, jährlich eine dreistellige Millionensumme zurückzulegen. Das würde uns eine Menge an Zinszahlungen ersparen und wir könnten dieses Geld sogar kurzfristig anlegen. Wenn die Oper ab 2028 gebaut wird, hätten wir bereits die Hälfte der Summe auf der Seite.

Interessante Idee. Dafür bräuchten Sie Partner. Haben Sie die bereits?

Neuenhaus: Jeder, der rechnen kann, versteht die Überlegung. Wir werden vor der kommenden Ratssitzung dazu Gespräche führen.

Die FDP hat ja eine Zustimmung zum Opern-Projekt – anders als die SPD – nicht mit Forderungen verbunden. Warum nicht?

Neuenhaus: Das ist das einzige Großprojekt dieser Ratsperiode und ein strategisch wichtiges Vorhaben für die Stadt. Wir wollen, dass es jetzt auf den Weg gebracht wird, damit der Aufschwung in Düsseldorf weitergeht und es keinen Stillstand gibt.

Wir reden inzwischen über Schulprojekte, die 140 Millionen Euro kosten sollen. Nicht gerade kleine Projekte.

Neuenhaus: Das stimmt, aber genau deswegen ist es richtig, die neue Oper zwar als Haus für Spitzenkunst, aber gleichzeitig als Treffpunkt für die ganze Stadtgesellschaft zu planen. Das ist mir sehr wichtig. Die neuen Opernhäuser unserer Zeit verbinden die Menschen und führen sie zusammen, und das von morgens bis spätabends. Es sind Orte des Kunst- und Lebensgenusses sowie der Bildung und Diskussion. Solche Orte für den Diskurs der Stadtgesellschaft gibt es gar nicht so viele. Sie sind Plattformen, um dem Auseinanderdriften der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Dennoch führt der Umfang der Investition zu großen Bedenken. Es gibt ja auch keine Zuschüsse wie bei den genannten anderen großen Projekten.

Neuenhaus: Das ist nur die halbe Wahrheit und außerdem kann es auch bei der Oper Zuschüsse geben, wenn auch nicht in so erheblichem Umfang wie bei Verkehrsprojekten. Beim Rheinufertunnel und der Wehrhahnlinie gab es Zuschüsse, ja. Aber dennoch musste die Stadt eine dreistellige Millionensumme übernehmen. Die Kö-Bogen-Tunnel mussten wir komplett bezahlen, dennoch waren sie eine richtige Entscheidung. Denn sie haben große Folgeinvestitionen von privater Seite ausgelöst, von denen die Stadt über die Steuereinnahmen profitiert. Die Projekte spielen auf diese Weise ihr Geld langfristig wieder ein. In diesem größeren Zusammenhang ist auch die Oper zu sehen.

Sie sehen also eine Umwegrentabilität wie bei der Messe.

Neuenhaus: Diese Mechanismen und Doppeleffekte sind das große Pfund der Stadt. Heute weiß ja kaum jemand mehr, dass wir den Kö-Bogen bekommen haben, weil wir Probleme mit der Schadowstraße hatten. Deswegen wurde dort erst der Bürgersteig verbreitert und dann folgte der Bau der Wehrhahnlinie. Das hat das ganze Umfeld aufgewertet und Düsseldorf hat eine neue Stadtmitte bekommen. So können Großprojekte positive Folgen haben, die sich wie Perlen einer Kette aneinanderreihen. Von Stadtmarketing und qualitätsvollem Tourismus haben wir mit Blick auf die Oper etwa noch gar nicht gesprochen. Wer dagegen ein Projekt kaputtmachen will, spielt Themen gegeneinander aus oder verweigert sich einer ganzheitlichen Perspektive. Dabei laufen alle anderen Investitionen weiter, von der Kita über Sportstätten bis zu Schulen.

Das Image des Opern-Neubaus bleibt dennoch ausbaufähig.

Neuenhaus: Das bestreite ich nicht. Ich finde, wir sollten neben dem rührigen Freundeskreis der Oper einen Freundeskreis Düsseldorf für den Opernneubau haben, in dem Menschen mit unterschiedlicher Profession und Perspektive zusammenkommen. Dort würden alle wichtigen Facetten abgebildet. Für die Stadt wäre es von Vorteil, wenn sich der Oberbürgermeister als Galionsfigur an die Spitze der Bewegung stellte und diesen Zusammenschluss leitet. Denn jedes Projekt braucht ein Gesicht.

Sie haben gesagt, es würden für die neue Oper an der Heinrich-Heine-Allee keine 120 Jahre alten Bäume gefällt. Bleibt es dabei?

Neuenhaus: Wir vertrauen auf Technik und Baukunst. Von uns gibt es keine Zustimmung für einen Entwurf, der solch alte Bäume opfert.