Kindeswohl in Düsseldorf Darum fordern Ärzte mehr Werbung für neuen Kinderschutz-Service
Düsseldorf · Bei einer Gefährdung des Kindeswohls werden die Mitarbeiter des Jugendamts künftig rund um die Uhr erreichbar sein. Kinderärzte und Experten halten das für dringend erforderlich.
(jj) Kinderärzte und Kinderschutz-Experten sind erleichtert darüber, dass Mitarbeiter im Düsseldorfer Jugendamt bei einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls künftig rund um die Uhr erreichbar sein werden. „Allerdings sollte dieser Service viel stärker als bisher auf allen verfügbaren Kanälen beworben werden. Viele Menschen wissen nicht, an wen sie sich bei einem Verdachtsfall wenden können. Erst recht rechnen sie nicht damit, dass man dies auch abends oder am Wochenende tun kann“, sagt Wilfried Kratzsch, der lange leitender Oberarzt am kinderneurologischen Zentrum der Gerresheimer Sana-Kliniken war. Bis heute berät der Mediziner Kliniken in der Region zum Thema Kinderschutz. „Mein Eindruck ist, dass die Fälle, in denen das Kindeswohl in Gefahr ist, zuletzt zugenommen haben“, sagt der Arzt. Dabei habe die weitreichende Isolierung in der Coronazeit eine große Rolle gespielt. Klassische Beratungsangebote seien oft ausgefallen und viele Eltern seien streckenweise mit der Situation überfordert gewesen, meint er.
Kinder- und Jugendärzte der Landeshauptstadt hatten bereits vor einigen Jahren eine weitreichende Ausdehnung der Erreichbarkeit unter anderem Oberbürgermeister Stephan Keller ans Herz gelegt. Nun hofft Kratzsch, dass der 24/7-Service tatsächlich auch in diesem Jahr umgesetzt wird. Zurzeit endet die verlängerte Erreichbarkeit der städtischen Kinderschützer noch um 20 Uhr. „Wir wissen aber aus unserem Praxis-Alltag, dass die meisten Vorfälle nun mal am Abend sowie am Wochenende passieren, also dann, wenn Kinderärzte und Fachleute bei der Stadt meist nicht mehr erreichbar sind.“ Als Beispiel nennt er Fälle, in denen ein Elternteil abends außer Haus ist, weil es beispielsweise einen Job in der Gastronomie ausübt. „Wenn dann ein Kleinkind gar nicht mehr aufhört zu schreien, kommt es immer wieder zu Übergriffen des zu Hause gebliebenen Partners, wobei es sich häufiger um überforderte Väter handelt“, sagt Kratzsch.
Die Umsetzung des 24/7-Services plant die Stadt in den kommenden Monaten. Dafür wurden neue Stellen geschaffen und inzwischen auch besetzt. Um alle Aktivitäten zu bündeln, wurde zudem eine stadtweite zentrale Kinderschutzabteilung geschaffen. Nach Einschätzung der Stadt verfügt Düsseldorf damit bundesweit über ein Alleinstellungsmerkmal.