Foie gras in Düsseldorfer Restaurants Bistro Fatal streicht Stopfleber von der Karte
Düsseldorf · Alexandre Bourgueil liebt Foie gras, stellt das Gericht nun aber infrage. Andere Küchenchefs experimentieren mit veganen Varianten.
Sie kommt als Terrine oder als Pastete auf den Teller, mit Brioche, Pflaumen oder karamellisierten Äpfeln und soll auf der Zunge besonders zart schmelzen: Stopfleber. Die Delikatesse steht im Winter auf den Menüs vieler französischer Restaurants – und ist höchst umstritten. „Foie gras“, die „fette Leber“, spaltet aufgrund der Mastbedingungen selbst die Zunft der Gastronomen, die sich zwischen hoher Nachfrage, Protesten und veganen Experimenten bewegen.
Es ist nicht schwer, auf der Suche nach Stopfleber von Gans oder Ente in Düsseldorf fündig zu werden. Beinahe jedes Restaurant mit französischer Küche hat das Gericht auf der Karte. Einer, der die Stopfleber eigentlich liebt, stellt sie nun aber infrage. Alexandre Bourgueil, der das Bistro Fatal in Flingern betreibt, kündigte jüngst an, Stopfleber vorerst von der Karte zu streichen, sobald die Vorräte aufgebraucht sind.
„Schluss mit Stopfleber: Bistro Fatal serviert seinen Gästen keine Foie gras mehr“ – diese Pressemeldung verschickte die Tierschutzorganisation Peta daraufhin. So ganz stimme das aber nicht, sagt Bourgueil. Das Bistro Fatal werde die Stopfleber, die noch auf Vorrat sei, abverkaufen und vorerst keinen Nachschub bestellen. Ob das Produkt damit für immer von der Speisekarte gestrichen ist, weiß der Küchenchef aber selbst noch nicht. „Wir werden darüber nachdenken. Die endgültige Entscheidung ist aber noch nicht gefallen“, sagt Bourgueil. In den vergangenen Wochen habe sich so viel zu dem Thema getan, dass er das Produkt erstmals infrage stelle.
Bislang habe er nie daran gedacht, auf Stopfleber zu verzichten. „Foie gras ist ein elementarer Baustein der französischen Küche“, sagt der Küchenchef. „Die Gäste erwarten das.“ Die Nachfrage sei groß, vor allem bei „gut situierten Erwachsenen“. Nach Froschschenkeln hingegen frage kaum jemand. Die Stopfleber, vor allem die Feine von der Gans, sei für ihn als Koch eine Spielwiese. „Es ist ein tierisches Produkt, das einem Koch die Möglichkeit gibt, ihm den eigenen Stempel aufzudrücken.“ So harmoniere Foie gras mit Schokolade oder Feigen, aber auch mit Cognac, die Reste ließe sich zu Soßen oder Crème brulée verarbeiten. „Ein tierisches Stück Butter.“
Die Ware habe Bourgueil ausschließlich aus Frankreich bezogen, wo die Mast der Tiere zum „Teil des kulturellen und gastronomischen Erbes“ erklärt wurde. Dadurch lassen sich europäische Tierschutzgesetze umgehen, die das Produzieren von Stopfleber verbieten. Die Gänse und Enten werden über einen Schlauch zwangsernährt. Die Leber verfettet, das Organ wächst auf das Zehnfache seiner eigentlichen Größe heran. In Deutschland gilt: Produktion nein, Einfuhr ja.
Doch die Proteste nehmen zu. Beinahe wöchentlich meldet Peta, dass ein weiteres Restaurant das Gericht von der Karte gestrichen habe, nachdem die Tierschutzorganisation die Geschäftsführung über „das Leid der Enten und Gänse bei der Foie-gras-Produktion aufgeklärt“ habe. So soll es zuletzt beim berühmten Berliner Restaurant „Borchardt“ am Gendarmenmarkt gelaufen sein. Und ebenso bei einer weiteren Düsseldorfer Gastronomie, die sich zu dem Thema aber nicht äußern möchte. So ist es oft, wenn es um Foie gras geht: Kaum einer der Gastronomen möchte öffentlich über das Thema sprechen.
Einer, der sich klar gegen Stopfleber positioniert, ist Ibrahim Abdul Latif. Der Küchenchef im 25hours Hotel serviert seinen Gästen eine vegane Alternative: Faux gras, eine „falsche Leber“. Während seiner Ausbildung habe er auch die Zubereitung von Stopfleber gelernt und für sich entschieden, dass er als Küchenchef nicht mehr mit dem Produkt arbeiten möchte. „Es gibt Foie gras zwar in bio und nachhaltig, aber Stopfleber ist Stopfleber“, sagt Latif. „Die kann nicht von glücklichen Gänsen kommen. Also habe ich mich gefragt: Könnte man das nicht auch in vegan machen?“ Monatelang hat er experimentiert und schließlich ein Faux gras kreiert auf Basis von Cashewkernen, Kakaobutter, Haferflocken, Kokosfett, Cognac, Trüffelöl, Meersalz und Misopaste. Das erfülle alle Anforderungen: Die Masse hat eine feine, fettige Konsistenz, die auf der Zunge der Stopfleber ähnlich ist, sie hält dem Braten in der Pfanne und dem Einfrieren stand und lässt sich mit Cognac und Trüffel abschmecken.
Dennoch sollten man nicht erwarten, dass es genauso schmeckt wie eine echte Foie gras, sagt der Küchenchef selbst. „Vegane Stopfleber hat nichts mit Stopfleber zu tun“, sagt Latif. „Ich bin aber auch nie mit dem Gedanken daran gegangen, ein Fleischimitat herzustellen.“ Es sollte vielmehr eine Vorspeise sein, die alle essen können, der kleinste gemeinsame Nenner, auch für Veganer. Die Reaktionen waren gemischt, räumt Latif ein. Einige Gäste, die echte Stopfleber erwarteten, waren irritiert bis enttäuscht, doch insgesamt wurde das Gericht gut angenommen. „Selbst einige französische Gäste fanden es gut“, so der Küchenchef. Auch auf der Karte für das Silvestermenü, das er im 16. Stock des Hotels serviert, wird die Faux gras wieder einen Platz finden.