Prozess am Oberlandesgericht Düsseldorf „Die Frage ist: Was will die Stadt mit dem Worringer Platz?“
Düsseldorf · Das Oberlandesgericht entscheidet, ob der Zaun einer Pizzeria bleiben darf. Aus Sicht des Senats hat die Absperrung eine gravierende Wirkung.
Darf der Zaun auf dem Worringer Platz bleiben oder muss er weichen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die 20. Zivilkammer des Oberlandesgerichts in Düsseldorf. Der Prozess, der im September mit einem Ortstermin zwischen Pizzeria und Straßenbahngleisen begann, wurde nun fortgesetzt, diesmal im Sitzungssaal des Gerichts. Hier saßen sich erneut Klägerin und Beklagter gegenüber.
Die Architektin des Platzes, Christiane Voigt, klagt gegen den Zaun, durch den sie ihr Urheberrecht verletzt sieht. Auf der anderen Seite sitzt Gastronom Hassan Akgüvercin, der den strittigen Zaun um die Terrasse seines Lokals gezogen hat – mit Genehmigung der Stadt, die Eigentümerin des Platzes ist.
Erfried Schüttpelz, Leiter des Senats, dröselte die Problematik auf: Das Landgericht hatte in vorheriger Instanz entschieden, dass der Zaun den Platz nicht mehr grundlegend verändert habe. Das sieht das OLG nach dem Ortstermin anders. „Der Zaun hat eine gravierende Wirkung“, so Schüttpelz. Die eingezäunte Fläche sei groß, Fußgänger würden dadurch stark eingeschränkt. „Das ist eine schwerwiegende Änderung.“
Bei dem Worringer Platz handele es sich, so stellte der Senat fest, nicht um ein Kunstwerk, sondern um ein Gebrauchswerk. Das misst den Interessen des Eigentümers – also der Stadt – einen hohen Wert zu und könnte auch Änderungen am Werk rechtfertigen. Doch eine Frage, die das Gericht nun klären müsse, ist: Was will die Stadt mit dem Platz?
Aus Sicht des Senats dient der Zaun als Schutzzone für das Restaurant. Der Worringer Platz ist ein Treffpunkt für Obdachlose und Drogenabhängige, Pizzeria und Terrasse sollen ein anderes Klientel anlocken. Der Wunsch: Ein Vermischen des Publikums. Doch ab wann hat die Stadt dieses Ziel verfolgt – schon als sie die Architektin damit beauftragte, den Platz umzugestalten? Oder erst Jahre später, als die Stadt dem Gastronomen den Bau des Zauns genehmigte? Der Zeitpunkt ist entscheidend, so Schüttpelz. Denn wenn die Architektin schon den Auftrag hatte, den Platz besser zu durchmischen, hätten ihre Interessen als Urheberin größeres Gewicht. Ansonsten könnte es sein, dass sich die Interessen der Stadt geändert haben, etwa weil sich die Situation auf dem Worringer Platz verschlimmert hat.
In dem Auftrag der Architektin war von „Schaffung von Aufenthaltsqualität“ und „Lichtkonzept zur Verbesserung des Sicherheitsempfindens“ die Rede, liest Schüttpelz vor. Das ließe vieles offen. Aus Schreiben an den Pizzeria-Betreiber geht klarer hervor, dass die Stadt mit dem Zaun einen Teil des Platzes von Obdachlosen und Drogenabhängigen freihalten wollte.
Schüttpelz stellte darum auch die wesentliche Frage: „Wäre die Stadt nicht der richtige Ansprechpartner?“ Er beantwortete sie selbst: „Sicherlich schon.“ Doch keine der streitenden Parteien hat die Stadtverwaltung einbezogen, und auch die städtischen Vertreter haben die Möglichkeit, sich an dem Verfahren zu beteiligen, nicht genutzt.
Obwohl der Senat – anders als das Landgericht – den Zaun als ordnungspolitisches Instrument einordnet, gehe es nicht darum, das zu beurteilen. „Der Umgang mit Obdachlosen ist schwierig“, so Schüttpelz. „Das Konzept können und dürfen wir nicht beurteilen.“ Wohl aber, ob der mutmaßliche Wunsch der Stadt nun Vorrang vor dem Urheberrecht hat. Das Urteil fällt am 11. Januar.