Kommunalwahl in Düsseldorf Die Favoritin für die grüne OB-Kandidatur
Düsseldorf · Es sind noch knapp zwei Jahre bis zur Kommunalwahl. Doch bei den Grünen kristallisiert sich zunehmend heraus, wer sich für die Partei um das höchste Amt der Stadt bewerben könnte: Bürgermeisterin Clara Gerlach gilt als Favoritin.
Obwohl es noch knapp zwei Jahre bis zur Kommunalwahl sind, hat die Frage nach der Kandidatur fürs Oberbürgermeisteramt bei der SPD schon gehörig für Wirbel gesorgt. Da bringt sich mit Thomas Geisel der ehemalige Amtsinhaber in Stellung, während das in Partei und Fraktion vielfach mit heftigem Kopfschütteln quittiert wird. Ganz anders, aber ebenfalls erstaunlich ist die Lage bei den Grünen, in der sich frühzeitig eine klare Favoritin herauskristallisiert. Man muss ihren Namen nicht sagen, wenn man sich nach dieser in Rathauskreisen umhört. Um Clara Gerlach geht es in diesen Gesprächen dann schon von selbst.
Und den Kopf schüttelt da niemand, vielmehr gilt sie in Fraktion und Partei als sehr naheliegende und geeignete Kandidatin. Erfahrung, Engagement und Frische bringe sie mit, heißt es von einer führenden Kraft. Das Timing passe, Gerlach, geboren 1976, sei jetzt lange genug dabei. Und das stimmt natürlich. Nach bald 20 Jahren im Stadtrat und nun seit 2020 als Bürgermeisterin kennt sich Gerlach in den Sphären des Rathauses und mittlerweile in der zweiten Ratsperiode als Teil einer Mehrheitskooperation in der Rolle der Mitgestalterin aus.
Politisch gewann Gerlach zuletzt an Profil. Die Lehrerin, die nach wie vor eine halbe Stelle ausfüllt, lässt sich nicht mehr nur bei ihren Lieblingsthemen Kultur und Schule verorten. Schon bei der Entscheidung der Grünen gegen die Standortentscheidung des Opernneubaus war Gerlach zuletzt eine Wortführerin in einer letztlich auch finanzpolitischen Frage. Sie lieferte sich per Interview und Redebeiträgen in einer Sondersitzung eine Art Showdown mit Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU), der in gegenseitigen Populismusvorwürfen gipfelte und fast so etwas wie ein erster Vorgeschmack auf mögliche Wahlkampfduelle gewesen sein könnte.
Auch wenn Gerlach sich da in den Tiefen der Haushaltspolitik noch etwas verstrickt hatte und Genehmigungspflicht und Haushaltssicherung nicht sauber getrennt hatte, vertrat sie ihre Partei zuletzt souverän bei einer Diskussionsrunde zum Thema Finanzen beim Deutschen Gewerkschaftsbund, bei der ansonsten ausschließlich Fraktionsspitzen präsent waren. Das wirkte wie eine Art Warmlaufen, um allmählich jenseits der eigenen Kernthemen sprechfähiger zu werden, was ja für eine Kandidatur unbedingt notwendig wäre. Und an einem selbstsicheren Auftritt mangelt es Gerlach sowieso nicht.
Auch wenn Gerlach aufgrund ihres zeitaufwendigen Bürgermeisteramts neben dem Rat nur noch im Kulturausschuss sitzt, macht sie ihren politischen Einfluss breit geltend, zumal sie als Bürgermeisterin zum Fraktionsrat gehört. Mit Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke stellte sie zuletzt ein ganzheitliches Konzept zur Entwicklung der Altstadt im Stadtrat vor, das dann sogar ohne Zustimmung des Kooperationspartners CDU beschlossen wurde.
Dennoch, es bleibt eine Schwäche: dass sie in Relevanzthemen wie Stadtplanung oder Mobilität bislang nicht zu Hause ist. Womit wir bei Gegenargumenten sind: Natürlich fehlt Führungserfahrung, was es der Chefin einer Großverwaltung schwer machen würde.
Was wiederum für Gerlach spricht, ist ihre Präsenz als Bürgermeisterin, die von ihr in den Sozialen Medien ziemlich lückenlos durchdokumentiert wird. Diese vielen öffentlichen Auftritte bringen es mit sich, dass Gerlach zu den am besten vernetzten Grünen-Politikern in der Stadt zählt, was durch ihre offene, lebensfrohe Art verstärkt wird. Ein weiterer kleiner Trumpf: Gerlach ist eine Frau, während die Oberbürgermeister dieses Jahrtausends bislang alle Männer waren. Und faktisch ein sogar noch größeres Plus für die zweifache Mutter: es drängt sich derzeit kein anderer Kandidat auf, wie auch Insidern zugeben. Mona Neubaur ist Ministerin geworden, Miriam Koch glücklich als Dezernentin, Stefan Engstfeld will nicht noch mal.
So offensichtlich die Favoritenrolle ist, offiziell ist natürlich nichts. Wie der Kandidat gefunden und bestimmt werden soll, ist offen, diskutiert wird die Frage gerade im Partei-Vorstand, wie Sophie Karow als Teil davon und Sprecherin des Kreisverbandes sagt. „Wir stecken mitten im internen Prozess.“ Das Interesse sei natürlich groß, sich sehr gut für die Kommunalwahl aufzustellen, die OB-Kandidatur sei dabei eine Schlüsselfrage. „Wir haben den Anspruch, die Stadtspitze zu begrünen.“
Dagegen sprechen nicht zuletzt aktuelle Umfragewerte. Andererseits bietet die Stichwahl eine Chance, da zunächst ein zweiter Platz reichen könnte, um danach womöglich mit Hilfe der Wähler des SPD-Kandidaten gegen den Amtsinhaber anzutreten.
Gerlach selbst will sich noch nicht festlegen. „Ich lasse mir das offen.“ Sie betont zudem, wie sehr ihr die Politik Spaß mache und wie spannend sie die Zeit als Bürgermeisterin finde. Sicher wird sie sich im Hinblick auf eine mögliche Kandidatur aber auch die Frage stellen, was das für ihre Familie heißt.
Andererseits: ein Dementi gibt es nicht. Politische Weggefährten sehen sogar, dass gerade der fehlende Widerspruch trotz Favoritenrolle eigentlich Bereitschaft signalisiert.