Düsseldorfer Oldie-Bahn Jedes Wochenende Party auf Schienen
Düsseldorf · Geburtstage, Jubiläen, Firmenfeste oder Vereinstreffen – Frank Becker fährt sie alle in der Oldiebahn sicher durch die Stadt.
Im hinteren Teil der Partybahn erreicht die Stimmung ihren Höhepunkt. Die Fahrgäste jubeln, denn sie haben bei einem Quiz einen Punkt errungen. Und das wird nicht nur mit lautstarkem Gesang gefeiert, sondern auch mit rhythmischen Sprüngen, die befürchten lassen, dass die Bahn gleich aus den Schienen hopst. Fahrer Frank Becker ficht das aber alles nicht an. Hochkonzentriert und ruhig beobachtet er den Verkehr und dreht nebenbei eine Kurbel. Mit dieser regelt er die Stromzufuhr und damit die Beschleunigung bzw. Bremsung der alten gelben Bahn.
Der Gerresheimer gehört zu den rund 15 Frauen und Männern, die in ihrer Freizeit bei der Rheinbahn eine Bahn fahren – in der Regel eines der historischen Fahrzeuge. Diese werden bei regelmäßigen Rund- und Themenfahrten eingesetzt, können aber auch für Feiern und Gruppenfahrten gemietet werden. Fast jedes Wochenende sitzt Becker in einer Bahn und fährt diese auf wechselnden Strecken durch die Stadt.
Die Leidenschaft dafür entstand bereits in jüngster Kindheit. „Mein Uropa war Straßenbahnfahrer. Davon hat meine Uroma immer viel erzählt. Sie wohnte hinter dem Betriebshof in Heerdt und wenn ich bei ihr übernachtet habe, habe ich immer vom Badezimmerfenster aus die Bahnen beobachtet“, sagt Becker. Eigentlich wollte er nach der Schule eine Ausbildung bei der Rheinbahn machen, konnte aber die damals begehrte Lehrstelle nicht ergattern. So wurde er Fachlagerist.
1996 bot sich dann aber eine neue Chance, den Traum vom Straßenbahnfahrer näher zu kommen. Die Rheinbahn feierte ihr 100-jähriges Bestehen und nahm das zum Anlass, wieder verstärkt Rundfahrten anzubieten. Doch dafür wurden Fahrer und Zugbegleiter benötigt und deshalb die Mitglieder vom Verein Linie D angesprochen. Mit diesem Verein kooperiert die Rheinbahn und erhält von den Mitgliedern viel Unterstützung bei der Pflege und Wartung der historischen Fahrzeuge.
Fahrer müssen das gesamte Streckennetz auswendig kennen
Frank Becker ist dort auch Mitglied und fuhr so viele Jahre zunächst als Zugbegleiter kreuz und quer durch die Landeshauptstadt. 2013 ließ er sich dann gemeinsam mit fünf anderen Bahn-Fans zum Fahrer ausbilden. Da das für die Berufstätigen nur am Wochenende möglich war, dauerte das zehn Monate und war zudem anspruchsvoll, denn die Ausbildung sollte zum Führen alle historischen Züge der Rheinbahn befähigen. 30 Oldies von 1921 bis 1973 sind im Bestand – und jedes Fahrzeug ist anders.
Außerdem müssen die Fahrer das gesamte Streckennetz auswendig lernen, um auf Sperrungen flexibel reagieren zu können. Zudem sieht jede der Touren, im Gegensatz zum Linienfahrplan, anders aus, denn sie werden auf die individuellen Bedürfnisse der Mieter abgestimmt. „Ich rufe mir von zu Hause aus den Auftrag ab und bereite mich dann auf den Einsatz vor“, sagt der 51-Jährige. Oft weiß er nicht, wer und was ihn dann bei der Fahrt erwartet. „Nur manchmal steht im Auftrag drin, dass ich zum Beispiel das Sonderschild „Just married“ oder „60“ einsetzen soll. Dann kann ich mir natürlich denken, was ansteht.“
Doch es gibt viele Anlässe, die Partybahn zu buchen. Firmenjubiläen, Klassentreffen, Karnevalssitzungen und Familienfeiern gehören dazu. Frank Becker ist es aber egal, was ansteht. Hauptsache er kann fahren. „Ich hatte aber einmal eine ganze Bahn voller Frauen in Rocker- und Motorradkleidung. Da dacht ich, das kann wüst werden“, sagt Becker. Doch die Fahrt verlief zu seiner Überraschung mehr als friedlich. „Die Frauen waren total interessiert an der Bahn und haben am Ende das Fahrzeug supersauber hinterlassen. So kann man sich täuschen“, sagt Becker und lacht.
Eine Lieblingsstrecke oder Lieblingsbahn hat er allerdings auch nicht. „Es ist einfach toll, überhaupt solche Bahnen fahren zu dürfen.“ Viel Freude hat es ihm auch gemacht, bei dem Theaterprojekt „Endstation fern von hier“ mitzuwirken, bei dem Zuschauer und Schauspieler mit der Bahn zum Straßenbahndepot gefahren wurden. Manchmal sitzt er aber auch in einem modernen Zug, wenn beispielsweise bei einer Krankheitswelle Fahrer im normalen Linienverkehr fehlen.
Rennfahrer Mika Häkkinen
fuhr auch schon mal mit
Und einen richtig prominenten Fahrgast hatte Frank Becker auch schon. Als der finnische Rennfahrer Mika Häkkinen für ein Rennen nach Düsseldorf kam, ließ er sich vom Bahndepot Am Steinberg in die Innenstadt fahren. „Der war kein bisschen hochnäsig, sondern eher wie ein guter Kumpel von nebenan. Er hat die ganze Zeit begeistert neben mir gestanden und mich ausgefragt“, sagt Becker.
Er fährt nicht nur in seiner Freizeit mit großem Vergnügen Bahn, sondern auch im Urlaub. „Mit einem Bekannten habe ich bereits das gesamte Liniennetz in Belgien und den Niederlanden abgefahren und uns dort auch Betriebe angeschaut.“ Deutschland hat er bereits als Jugendlicher abgefahren. Ein Wunsch ist noch offen. „Mit den alten Bahnen durch San Francisco fahren, das wäre toll.“ Bis es so weit ist, schaut er sich schon einmal alte Folgen der Serie „Die Straßen von San Francisco“ an, um sich einzustimmen.