Ehrenamt Manche Paten schrubben fast täglich alte Gräber

Düsseldorf · Die Liebe zur Stadt, zu ihrer Geschichte und zu verwitterten Denkmälern bringt rund 80 Düsseldorfer regelmäßig zum Golzheimer Friedhof. Jetzt war Frühjahrsputz.

Frühjahrsputz auf dem Golzheimer Friedhof am Samstag: Grabmal-Patin Birgit Halcour kommt fast jeden Tag auf den alten Friedhof.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Eine alte Zahnbürste, verschiedene Schrubber und Besen, ein Türstopper aus Holz, ein Schlüssel für die Wasserstelle – Dinge, die Birgit Halcour auf keinen Fall vergessen darf, wenn sie auf den Golzheimer Friedhof geht. Früher fast täglich, aber auch heute noch alle paar Tage spaziert sie die Wege entlang, den Blick auf das gerichtet, was auf dem Gelände zu tun ist. Sie ist eine der 80 Paten, die sich um eines oder auch mehrere der teils 200 Jahre alten Gräber kümmern. Und das heißt sehr oft Schrubben.

Als Mitglieder des Vereins „Der Golzheimer Friedhof soll leben“ haben sie sich vor neun Jahren einen oder mehrere Grabsteine ausgewählt, mit dem sie etwas Besonderes verbindet. Einmal im Jahr treffen sich alle zu einem Frühjahrsputz, bei dem sie die Steine besonders gründlich vom Schmutz des Winters befreien und sich auf Entdeckungen wie eingefallene oder wiedergefundene Gräber aufmerksam machen. Auch eine Restauratorin steht ihnen zur Seite, die meisten sind aber schon Jahre dabei und wissen, wie sie am besten vorgehen.

An die Steine darf nur Wasser, das die Paten mit Gießkannen über die Steine kippen. Putzmittel könnten das Material angreifen, vor allem, wenn dann noch kräftig geschrubbt wird. Danach ist daher Muskelkraft gefragt – und Fingerspitzengefühl. Für große Flächen wie Umrandungen greifen die Paten zu einem groben Besen, doch um Moos, Flechten und anderes aus Gravierungen zu holen, braucht es feineres Gerät. Dann greift Halcour auch mal zur Zahnbürste – oder zu einem Filzstift, um eine verblasste Inschrift nachzuzeichnen. Und mit einem Türstopper aus Holz schiebt sie Moos von den Steinen.

Beim Grab von Wilhelm und Charlotte von Schadow-Godenhaus - er war Direktor der Kunstakademie - ist besonders viel zu tun. Daher kümmert sich der gesamte Verein um die Pflege, um den Schnitt einer Buchsbaumhecke, ums Zupfen von Unkraut und mehr. Manchmal ist allerdings Patina gewünscht – am Rand der Steine darf ein wenig Moos bleiben. Allen voran ist hier Inge Zacher aktiv mit ihren Ideen. Sie war früher alleine für das Grab zuständig, hat mit ihrem Engagement und ihren Kenntnissen jedoch einige Düsseldorfer als Paten für die Arbeit auf dem Friedhof gewonnen.

Die Paten erfahren viel über die Geschichte von Düsseldorf

Die Gründe, sich einem Grab zu widmen, sind dabei vielfältig. Für Halcour war die Pyramidenform des Steines bei ihrer weiteren Patenschaft ausschlaggebend – einzigartig für die Zeit. Ein dickes Buch gibt Auskunft, welche Persönlichkeiten auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte fanden. Viele Paten interessiert, was die Menschen früher in Düsseldorf geleistet haben, sie widmen sich Künstlern oder Baumeistern wie dem Historienmaler Alfred Rethel.

Ulrike und Rudolf Liesenfeld kamen über ihre Verwandtschaft zum Verein. Sie sind Nachfahren der Unternehmerfamilie Stein, die auf dem Gelände begraben liegt, kümmern sich zusätzlich noch um zwei weitere Ruhestätten. „Wir sind sehr kunstinteressiert und wenn man sich mit den Menschen, die hier ihre letzte Ruhe fanden, befasst, lernt man viel über die Geschichte der Stadt“, sagen die beiden. Immer wieder geben sie ihr Wissen nun in Führungen an andere Interessierte weiter.

Mit der Pflege stehen sie allerdings nicht alleine da. Über Spenden und mit Unterstützung des Gartenamts werden jedes Jahr einige Grabmäler fachmännisch restauriert, Inschriften werden erneuert. Die Paten geben ihre Entdeckungen weiter, sodass überwachsene Steine ausgegraben oder eingefallene Gräber wieder aufgebaut werden.

Damit viele Besucher sich gerne dort aufhalten und bei den berühmtesten Ruhestätten verweilen, hat der Verein auch Bänke gespendet. Zwei neue kamen am Wochenende dazu, eine vom Verein und eine weitere von der Geschichtswerkstatt.