Oppositionspolitiker aus Russland Isolationszelle von Nawalny schockiert
Düsseldorf · Der Nachbau des Raumes, in dem Alexey Nawalny seit mehr als 100 Tagen in Russland festgehalten wird, ist noch eine Woche in Düsseldorf zu sehen.
(tino) Der Gesichtsausdruck der SPD-Bundestagsabgeordneten Zanda Martens verrät Abscheu. Gerade eben ist der Nachbau der Einzelisolationszelle, in der der Putin-Kritiker Alexey Nawalny schon mehr als 100 Tage hat verbringen müssen, geöffnet worden. Hinter der Stahltür kommt ein Gitter zum Vorschein, dass einen kahlen 2,5 mal drei Meter kleinen Beton-Raum noch mal gegen die Außenwelt absichert. In dem feucht-kalten Raum hängt eine Liege an der Wand, darauf eine dünne, zusammengerollte Matratze und an der Wand hängt ein angerostetes Waschbecken. Irgendwo im Boden ist ein Loch, in dem man die Notdurft verrichten kann. „Für zwei Minuten kann man es aushalten“, urteilte Martens, als sie wieder auf dem Corneliusplatz in Freiheit stand. „Aber mehr als 100 Tage ist ganz klar Folter.“
Besonders weil sich Nawalny zwischen 5 Uhr morgens und 21 Uhr abends nicht hinlegen, sondern nur stehen oder auf einem Hocker sitzen darf, wie Nawalny-Sprecherin Kira Yarmysh erläutert. Zudem würde dem 1,90 Meter großen Nawalny jegliche medizinische Betreuung untersagt.
Die Bundestagsabgeordnete Martens war zum Corneliusplatz gekommen, um die vom Verein „Freies Russland“ organisierte Kundgebung, die die Freilassung Nawalnys und aller politischen Gefangenen in Russland forderte, zu unterstützen. „Wir wissen alle spätestens seit dem 24. Februar 2022, dem Tag an dem Russland die Ukraine militärisch überfiel, dass Terror, Mord und Krieg Teil der Politik Putins sind“, erklärte Martens.
Alexey Nawalny ist der wohl bekannteste Putin-Kritiker. Der Oppositionelle, der die zunehmende Korruption innerhalb des Putin-Regimes offenlegte, wurde nach seiner Behandlung wegen eines Giftanschlags mit Nowitschok in Deutschland bei der Rückkehr nach Moskau 2020 direkt am Flughafen verhaftet und zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Nawalny-Sprecherin Yarmysh, die genauso wie gut 200 Demonstranten ebenfalls am Corneliusplatz war, verriet, dass die Nawalny-Anhänger in den sozialen Netzwerken aktiv sind, einen Youtube-Kanal bedienen und so viele Informationen wie möglich nach Russland schleusen, um der Staatspropaganda wenigstens ein klein wenig andere Meinung entgegenzusetzen.
„Öffentliche Demonstrationen gegen Putin sind unmöglich. Wer das macht, landet sofort im Gefängnis“, so Yarmisch. „Wir setzen so viele kleine Nadelstiche wie wir können.“ Dazu gehört auch die Kundgebung in Düsseldorf mit dem Zellen-Nachbau. „Wer sich einmal wie Alexey Nawalny fühlen will, kann das noch bis zum 13. März machen, denn so lange bleibt die Isolationszelle am Corneliusplatz stehen und kann betreten werden“, erläutert die Sprecherin von Freies Russland, Lina Witte.