Altweiber So war Altweiber in Düsseldorf - Tilly baut Mottowagen zu Terror in Hanau
Düsseldorf · Vor dem Sturm aufs Düsseldorfer Rathaus gab es nachdenkliche Worte. Kräftig gefeiert wurde danach trotzdem. Die Zahl der Rettungseinsätze ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen.
Düsseldorf steht für einen weltoffenen Karneval, was auch das Motto „Unser Rad schlägt um die Welt“ zum Ausdruck bringt. Und so waren der Sturm auf das Rathaus und die anschließende Party in der Altstadt zumindest einen Moment von den schrecklichen Ereignissen in Hanau überschattet. Bevor Venetia Jula den riesigen Rathaus-Schlüssel von Oberbürgermeister Thomas Geisel erbeuten konnte, kündigte Michael Laumen, der Präsident des Carnevals Comitees, an, dass man auf die Mordserie in der Nacht zum Donnerstag reagieren werde.
Sonderschicht für Tilly
Wagenbau-Künstler Jacques Tilly wird für den Rosenmontagszug in der Landeshauptstadt eine Sonderschicht einlegen und einen Mottowagen zu den schrecklichen Ereignissen gestalten, die sich in der Nacht zum Altweiberdonnerstag in Hanau ereignet haben. Insgesamt elf Menschen sollen dort durch Schüsse getötet worden sein. Die Entscheidung über den Wagen teilte Michael Laumen, der Präsident des Comitee Düsseldorfer Carneval in seiner Ansprache vom Rathaus-Balkon kurz vor dem Altweiber-Sturm mit. Damit hat Tilly noch vier Tage Zeit, einen neuen Wagen zu bauen. Damit werden dann 13 statt der bisher angekündigten 12 Mottowagen beim Düsseldorfer Rosenmontagszug mitfahren. Laumen sagte am Donnerstagvormittag in seiner Balkon-Ansprache, dass es im Karneval wichtig sei, sich von Extremismus abzugrenzen.
Die ersten Entwürfe für den 13. Wagen sind schon fertig
Im Gespräch mit unserer Zeitung betonte er, dass dem CC ein deutliches Zeichen am Rosenmontag passender erschienen sei, als eine Schweigeminute am Donnerstag vor den Feierlichkeiten des Straßenkarnevals. Um 9.30 Uhr habe man die Entscheidung, einen weiteren Wagen in Auftrag zu geben, getroffen und dann Jacques Tilly informiert. Am Nachmittag werde man sich die ersten Entwürfe ansehen.
Auch andere Karnevalisten nahmen Bezug auf die aktuellen Ereignisse. „Ich habe heute Morgen im Bus eine Ansprache gehalten und gesagt, dass unsere Gedanken jetzt bei den Opfern und deren Familien sind“, so Lothar Hörning, Präsident der Prinzengarde Blau-Weiss, „danach habe ich übrigens unseren Orden an den NRW-Integrationsminister Joachim Stamm verliehen. Dann habe ich aber auch angekündigt, dass wir jetzt feiern, egal was auch passiert.“
Bestes Beispiel dafür sind Janny Brustmann und ihre Schwester Gracia. Die beiden gebürtigen Portugiesinnen haben aus dem Motto „Unser Rad schlägt um die Welt“ kunterbunte Kostüme mit einer Weltkugel und dem Radschläger gebastelt: „Zwei Wochen hat das gedauert. Aber es hat sich gelohnt.“
Mehr Einsätze als im Vorjahr
Der Sanitätsdienst der Feuerwehr hatte am Abend in den Unfallhilfsstellen 230 (2019: 185) Karnevalisten versorgt, 83 (2019: 77) davon mussten zur weiteren Behandlung in Krankenhäuser gebracht werden. Herz-Kreislauf-Probleme und übermäßiger Alkoholkonsum waren die häufigsten Ursachen. Bislang mussten 32 (2019: 23) Minderjährige wegen zu starken Alkoholgenuss medizinisch versorgt werden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gab es zwei Verletzte (2019: 0) durch Glasbruch im Altstadtbereich.
Insgesamt hatte die Feuerwehr Düsseldorf an Altweiber 648 Einsätze (2019: 535) im gesamten Stadtgebiet. Davon entfielen 428 Notfalleinsätze (2019: 335) und Krankentransporte auf den Rettungsdienst.
Abends wurde ein Feier-Stopp für die Narren verhängt: Wegen des Sturmtiefs „Wiltrud“ wurden alle Veranstaltungen um 19.45 Uhr abgebrochen, das Schlösser-Zelt auf dem Burgplatz wurde geräumt, die Außengastronomie eingestellt. Feuerwehr-Sprecher Christopher Schuster sagte, die Musik sei abgeschaltet und die Stände seien zugemacht worden.
Die Böen sollten gegen 20 Uhr oder später über Düsseldorf ziehen. Anschließend sollte der Veranstaltungsbetrieb wiederaufgenommen werden.