Erster Stolperstein in Düsseldorf-Holthausen In Erinnerung an Karl Silbermann

Düsseldorf · An der Bonner Straße markiert ein Stolperstein die letzte Düsseldorfer Adresse des 1942 deportierten und ermordeten Karl Silbermann. Die Patenschaft für den Gedenkstein hat die Gruppe „Holthausen auf der Spur“ übernommen.

Der Stolperstein wird fachmännisch in das Pflaster des Gehweges an der Bonner Straße verlegt.

Foto: Andrea Röhrig

Ein kurzer Moment wird innegehalten und an den Mann gedacht, an den nun in Holthausen vor dem Haus Bonner Straße 5 künftig ein sogenannter Stolperstein erinnert: In diesem Gebäude, im zweiten Stock, lebte einst Karl Silbermann, geboren 1861. Seit 2003 wird auch in Düsseldorf so der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, die in der Landeshauptstadt lebten und wirkten. Wissenschaftlich und organisatorisch wird das Projekt vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf betreut.

1942 wurde Silbermann – an seinem 81. Geburtstag – von den Nationalsozialisten abgeholt, nach Theresienstadt deportiert und dort am 11. September umgebracht. Zuschulden kommen lassen hatte sich der im Stadtteil bekannt und beliebte Silbermann, der katholischen Glaubens war und sich in der katholischen Arbeitnehmerbewegung und im örtlichen Sportverein engagiert, nichts. Doch den Nazis reichte es aus, dass es in seiner Ahnenreihe Menschen jüdischer Abstimmung gab. Weil dieser Ahne aber schon weiter in der Vergangenheit lag, blieben Silbermanns Frau und seine Kinder von weiterer Verfolgung verschont.

All diese Details des „Willküraktes“ hat Luisa Dixneit recherchiert. Sie studiert Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität und ist zudem freie Mitarbeiterin in der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte. Da sie in Holthausen wohnt und einen Rundgang im Stadtteil zu verfolgten Menschen konzipiert hat, lag es nahe, dass sie bei der Verlegung des Stolpersteines am vergangenen Freitag aus Silbersteins Leben berichtete. Und da die im Zentrum plus Holthausen angesiedelte Gruppe „Holthausen auf der Spur“ um Künstlerin Anne Mommertz zugesagt hat, sich um den Stein zu kümmern, war sogar Publikum bei der Verlegung vor Ort. Deren Mitglieder werden künftig mit einem weichen Lappen und ein wenig Polyboy-Paste den Stein pflegen. Dann behält der Stolperstein nämlich seinen goldenen Glanz. Es soll nämlich schon – gut gemeinte – Fälle gegeben haben, da ist man dem Schmutz mit einem Scheuerschwamm zu Leibe gerückt und hat die Legierung zerkratzt.

Meist kein Publikum
aus Sorge vor Anfeindungen

Zumeist geschehen diese Stolpersteinverlegungen im äußerst kleinen Rahmen. Teils, weil auch schon mal Hinterbliebene dabei sind, teils, weil die Initiatoren keine Menschen anziehen wollen, die gegen diese Art der Erinnerungskultur an eine dunkle und diktatorische Zeit sind. Anfeindungen hätten seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dessen militärischer Antwort zugenommen, sagt Astrid Hisch-von-Borries, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Mahn- und Gedenkstätte. Doch in Holthausen blieb alles ruhig, einige Passanten blieben spontan stehen, um zu schauen, wem nun an dieser Stelle gedacht wird.

Einer von Silbermanns drei Söhnen eröffnete nach dem Ersten Weltkrieg an der Pfeilstraße einen Friseursalon, den dieser bis in die 1970er-Jahre betrieb. Vor seiner Deportation hielt sich Silbermann senior dort regelmäßig auf. Hunderte Familien aus Holthausen bekamen in dem Salon die Haare geschnitten und kannten deshalb auch den Senior, der da dann schon in Rente war.

Gleich mehrere Zeitzeugen hätten ihr berichtet, was für ein Schock es für die gesamte Nachbarschaft gewesen sei, als plötzlich an jenem Tag 1942 die Nazis anrückten und Karl Silbermann mitnahmen. Nach Dixneits Recherchen gab es ansonsten keine weiteren Deportationen von Menschen jüdischen Glaubens oder Abstammung, die in Holthausen während der Nazi-Zeit lebten.

Allerdings recherchiert die Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte aktuell Schicksale von Zwangsarbeitern, die bei Henkel hatten arbeiten müssen. Wie man an diese Menschen künftig in Holthausen gedenken will, steht noch nicht endgültig fest.

Gleich sieben Stolpersteine wurden am vergangenen Freitag gesetzt, mehrere von ihnen fanden nach Beendigung einer Baustelle ihren Weg zurück, andere, wie der von Karl Silbermann, wurden neu eingesetzt.