Düsseldorferin arbeitete vor 45 Jahren auf dem Hospitalschiff „Helgoland“ in Vietnam
Die Düsseldorferin Inge Nicolovius arbeitete 1968 an Bord des Hospitalschiffs im Vietnamkrieg. Noch heute engagiert sie sich für die Menschen.
Düsseldorf. 45 Jahre sind vergangen, seit die inzwischen 74-jährige Inge Nicolovius voller Tatendrang das Hospitalschiff MS Helgoland betrat. Die medizinisch-technische Assistentin aus der Münchener Unfallklinik wollte helfen. „Ich war jung und neugierig, voller Lebenslust. Und ich wollte Menschenleben retten“, sagt sie heute. Sie ahnte nicht, wie brutal der Vietnamkrieg sein sollte. Frei geschossene S hädeldecken und von Napalm zerstörte Beine mussten behandelt werden. Für 80 000 Opfer war das prächtige weiße Schiff die letzte Hoffnung. Es lag im chinesischen Meer vor DaNang, der Nachschubbasis der Amerikaner, am „Wolkenpass“ zwischen Nord- und Südvietnam, zwischen dem kommunistischen und pro-westlichen Lager.
Die gebürtige Düsseldorferin ist längst in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie holt ein paar zerknautschte Fotos aus einer Schublade, während sie von den Brutalitäten im Kalten Krieg erzählt. „Einem Mädchen hat man einen Zettel mit einer Sicherheitsnadel auf das Hemd geheftet. Darauf standen die Worte in Englisch: Bitte, helft diesem Mädchen, an Bord des Hospitalschiffs zu kommen.“ Ein anderes Kind sei einfach abgesetzt worden. „Wir halfen jedem, egal, ob Freund oder Feind. Uniformen sahen wir nicht. Behandelt wurde jeder, der unbewaffnet war. In den Betten lagen Anhänger der Vietcong neben denen der südvietnamesischen Armee. Die Not der Zivilbevölkerung war immens“, sagt sie.
Sie seien mitten im Inferno gewesen mit ihrem Schiff. Und für sie waren alle Menschen Opfer. Inge Nicolovius, die damals noch Klauke hieß, lernte erst allmählich das Teufelswerk der Amerikaner kennen. „Die Amerikaner reagierten hysterisch auf die Kommunisten. Sie haben mit dioxinhaltigen Mitteln das „Entlauben“ der Wälder organisiert. Sie haben viel Material und viele Menschenleben eingesetzt. Allein zwei Millionen Zivilisten fielen dem Krieg zum Opfer. Aber sie haben nichts erreicht“, sagt sie.
Als 24-jährige Röntgenassistentin musste sie erst in die Situation hineinwachsen und ihre Gutgläubigkeit ablegen. Von den Soldaten, die an der Kombüse lehnten und von Explosionen, Drogen und sonstigen Schrecklichkeiten erzählten, erfuhr sie das Neueste: „Wir bekommen eine besondere Suppe gegen die Angst“, sollen die Amis gesagt haben. Sie selbst resümiert: „Die politische Dimension unseres Einsatzes haben wir erst allmählich kennengelernt.
150 Betten hatte das Schiff. „Das war natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir hatten Labors und einen Röntgen-Apparat. Auf dem Schiff war es fast wie auf einer normalen Station, mit zehn Ärzten, einer Anästhesistin, verschiedenen medizinisch-technischen Assistenten, einer Krankengymnastin und mindestens 20 Krankenschwestern.“
Sie müsse öfters an Kanzler Ludwig Erhard denken, den Vater des Wirtschaftswunders, der sich nicht den Forderungen des Weißen Hauses nach Soldaten beugte. Sie bewundert Erhards Haltung. Aber anstatt dass er unterstützt wurde, musste er 1966 abtreten.
Info: Inge Nicolovius hilft noch heute im Verein „Vietnamhilfe Hospitalschiff“ unter Constanze Hundt. Die 52 Mitglieder sorgen sich weiterhin um die Geschädigten.