Düsseldorf „Ein guter Ort für Blödsinn mit Niveau“

Zum 70. Geburtstag des Kom(m)ödchens blickt Kabarettist Christian Ehring mit Wärme und Witz auf das Haus, in dem es für ihn losging.

Foto: Wieland, Kom(m)ödchen (Archiv), Sergej Lepke (Archiv), Judith Michaelis (Archiv)

Düsseldorf. Aberglaube ist nicht sein Metier — Christian Ehring ist Kabarettist. Der politische Alltag bietet ihm genug unglaublichen Stoff, an dem er sich mit spitzer Feder und scharfer Zunge abarbeitet. Beim Kom(m)ödchen macht er eine Ausnahme: „Scheinwerfer gehen plötzlich an und aus. Immer mal wieder. Das ist die Lore. Sie meldet sich bei uns.“ Der 44-Jährige steht auf der Altstadtbühne und blickt in den Zuschauerraum. Der Respekt vor der Gründerin ist deutlich spürbar. Und sichtbar: Von einem großen Porträt aus hat Lore Lorentz einen guten Blick auf das Geschehen.

Foto: Wieland, Kom(m)ödchen (Archiv), Sergej Lepke (Archiv), Judith Michaelis (Archiv)

Vor 70 Jahren, am 29. März 1947, hat sie mit ihrem Mann Kay Lorentz das Düsseldorfer Kom(m)ödchen an der Hunsrückenstraße eröffnet. Ihre Programme wurden zur Institution im Nachkriegsdeutschland. „Sie glaubten an die Kraft des Wortes. Daran, dass sie die Bundesrepublik wirklich verändern können“, erklärt Ehring. Er hat sich ein Wochenende lang Stunde um Stunde die alten Aufzeichnungen angeschaut und ein Programm von 30 Minuten destilliert. Am kommenden Freitag blickt er unter dem Titel „Tempo 70“ ab 16 Uhr in vier Auftritten zurück. Die Vorstellungen sind längst ausverkauft, aber einige Tickets gibt es jeweils eine halbe Stunde vorher an der Theaterkasse.

Foto: Wieland, Kom(m)ödchen (Archiv), Sergej Lepke (Archiv), Judith Michaelis (Archiv)

Vor fast 20 Jahren hat am Kay-und-Lore-Lorentz-Platz auch Ehrings Karriere als Nachwuchskünstler begonnen. Noch immer tritt er hier auf: in „Sushi“, „Couch“, „Freaks“ und mit seinem Soloprogramm. Das vierte Ensemblestück „Deutschland gucken“ hat er mitgeschrieben. „Harald Schmidt hat mal gesagt, das Kom(m)ödchen verlässt man nie“, zitiert er einen, dessen Leben diese Bühne, die 1967 in das Gebäude der Kunsthalle umgezogen ist, ebenso geprägt hat wie seines. Ein Job sei es am allerwenigsten, beschreibt er das, was er für das von Elke und Kay Lorentz geführte Haus empfindet. „Es ist schon sehr emotional. Eher so wie in einer Familie oder einer Beziehung.“

Foto: Wieland, Kom(m)ödchen (Archiv), Sergej Lepke (Archiv), Judith Michaelis (Archiv)

In seinem rasanten Rückblick auf die Historie hat er seine satirische Seite aber nicht verstecken müssen. Er vergleicht damals und heute, entdeckt Juwelen und Befremdliches. Fernsehmitschnitte, in denen Zigarettenqualmschwaden durchs Bild wabern, und Namen politischer Persönlichkeiten, die heute keiner mehr kennt.

„Vieles wurde im Nachhinein verklärt“, gibt Ehring zu. Auch damals seien Lore Lorentz und Künstler wie Ernst Hilbig klamaukiger gewesen, als man das vermuten würde. „Das Kom(m)ödchen war immer schon ein guter Ort für Blödsinn mit Niveau.“ Für Ehring eine erfreuliche Erkenntnis. In diesem Sinne geht es weiter, ein neues Ensemble-Stück ist in Planung. Was er dem Haus wünscht? „Dass Kay noch eine Weile weitermacht“, sagt er. Die Bewunderung für den Sohn, der das Theater 1994 von Lore übernommen hat, schwingt mit. „Damals hätte ich dem Laden keine große Zukunft vorausgesagt. Es zehrte nur noch von seinem guten Ruf.“ Dann kam die Wende und der neue Chef etablierte das Kom(m)ödchen, wie es heute dasteht. Ehring: „Ein glücklicher Moment.“