Gesellschaft Einsamkeit im Alter macht krank
In der Stadt leben viele alte Menschen allein und ohne Kontakte — ein Risiko für die Gesundheit. Einrichtungen wollen das ändern.
Düsseldorf. Anna S. wusste nicht mehr wohin. Weinend stand die 81-Jährige eines Tages in einem Marketing-Büro in Düsseldorf. „Ich bin so allein, seit mein Mann tot ist. Meine Kinder leben in Hamburg. Ich weiß nichts mehr mit mir anzufangen. Und wenn mir etwas passiert, das kriegt doch erstmal keiner mit?“ So oder so ähnlich geht es vielen älteren Düsseldorfern. Laut einer Studie sind in der Stadt über 5000 Menschen einsam. Wenn der Partner und immer mehr Freunde sterben, die Familie weit weg wohnt, droht das soziale Netz nach und nach wegzubrechen. Das kann krank machen, wie Margit Risthaus und Georg Peters vom Netzwerk Zentrum Plus sagen.
„Das Risiko, beispielsweise eine Depression zu entwickeln, steigt“, sagt Risthaus. Kontakte können dieses Risiko deutlich verringern, zeigen Studien. Auch für einen Notfall wie einen Sturz oder wenn der Alltag mehr und mehr zum Problem wird, brauche es Menschen, die den Senioren regelmäßig ihre Aufmerksamkeit schenken. „Häufig ist es aber die Scham, die verhindert, dass Betroffene Hilfe suchen.“
Bei Anna S. ist alles gut gegangen. Sie hat den Weg zu einer der 32 Einrichtungen in der Stadt gefunden, geht dort mittlerweile einmal die Woche zum Kaffeetrinken und zum Singen, ab und zu auch in Konzerte. Als sie einmal länger krank war, organisierte einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter eine vorübergehende Betreuung. Anna S. hat Freunde gefunden und weiß, im Notfall ist jemand für sie da.
„Am besten ist es, schon vor dem Ruhestand den Kontakt zu Einrichtungen und ihren Gruppen zu suchen und nicht erst zu warten, bis man sich allein fühlt oder ein Notfall eingetreten ist“, sagt Peters. Das Netzwerk Zentrum Plus möchte mit Konzerten, Kaffeeklatsch, Tänzen, Basteln und anderen Angeboten Besucher schon frühzeitig anlocken — und dabei die Hemmschwelle abbauen, sich überhaupt an solche Häuser zu wenden.
Wenn dann Beratungsbedarf aufkomme, beispielsweise für Einkaufshilfen oder Kurzzeitpflege, seien die Ansprechpartner und Hilfsmöglichkeiten bereits bekannt. „Mitarbeiter und andere Besucher der Gruppen merken auch, wenn etwas nicht stimmt, beispielsweise wenn jemand sich plötzlich nicht mehr meldet, und können darauf reagieren“, erklärt Risthaus. Damit gehen die Häuser auf ihre Besucher ein. 80 Prozent der Menschen, die dort regelmäßig an Veranstaltungen teilnehmen oder Beratung in Anspruch nehmen, leben allein. Doch die Bedürfnisse und somit auch das Angebot verändert sich, je nach Alter. Ein wichtiger Schritt sind die neuen Medien. „Häufig nutzen die Kinder und Enkel der Senioren das Internet, um sich auszutauschen.
Ältere Menschen, die mit Tablets und Smartphone umgehen können, können so viel leichter den Kontakt halten“, sagt Risthaus. Auch so manche über 80-Jährige, gerade aber die heutigen 60-Jährigen seien fit in der Technik — dies gelte es, in Zukunft zu nutzen. „Bereits jetzt gibt es viele Plattformen im Internet. Senioren kommen auf diese Weise miteinander in Kontakt. Es macht Sinn, diese Möglichkeiten anzuschauen und in unsere Arbeit einzubinden.“ Die Einrichtungen und die Stadt überlegen bereits, wie das aussehen kann.