Filmproduktion im K 20: Glaspuppen rüsten sich für den Kreuzzug
Wael Shawky produziert den ersten Film im K 20. Mit Glasmarionetten spielt er die Konflikte zwischen Abend- und Morgenland als Nummern-Revue.
Düsseldorf. In den Werkstätten der Kunstsammlung am Paul-Klee-Platz und im Ständehaus ist eine Schar von Helfern eingetroffen. Dekorateure malen Hintergründe für Städte wie Damaskus oder Jerusalem. Glasspezialisten setzen gläserne Marionetten zusammen, die im Studio Berengo in Murano angefertigt wurden. Marionetten-Profis konstruieren raffinierte Halterungen mit einem Zugsystem, wie man es für den Gepäckträger des Fahrrads verwendet, damit die kostbaren Spielgefährten nicht zu Bruch gehen.
Kostümhersteller nähen um die Wette. Noch nicht aufgetaucht sind die zehn Spieler, die im September und Oktober die hängenden Figuren führen müssen. Denn die Kunstsammlung dreht den ersten Kunstfilm. Sein Titel: „Cabaret Crusades“, „Kabarett der Kreuzzüge“.
Autor, Regisseur und Inszenator ist Wael Shawky (43) aus Alexandria. Für ihn ist es der letzte Teil einer Trilogie, mit der er auf der Documenta und den Biennalen in Bukarest, Marrakesch, Sydney und jetzt St. Petersburg Furore macht. Seine Story siedelt er im tiefen Mittelalter an. Sie handelt vom Zusammenprall zwischen Abend- und Morgenland, aber als Nummernrevue, mit Gesängen arabischer Perlenfischer und ägyptischer Elektromusik.
Seine Akteure hängen an Fäden. Der Ägypter aus Alexandria will damit beweisen, dass es immer Strippenzieher gibt, egal, ob aus der Politik, der Wirtschaft oder der Religion, die die Geschicke der Welt bestimmen. „Wer zieht die Fäden der Geschichte?“, fragt er. Antworten könne man nur im Kabarett geben, in farbigen Bildern und in Figuren, die an den afrikanischen Skulpturen aus dem Metropolitan Museum angelehnt sind.
Der Ausgangspunkt von Shawkys Geschichte liegt in Karbala, einer Stadt in Irak, 80 Kilometer südlich von Bagdad. Dort fand 680 die entscheidende Schlacht statt, bei der die Trennung der Moslems in Schiiten und Sunniten stattfand. Mit diesem Rückblick beginnt der jetzige Teil, der dem vierten Kreuzzug gewidmet ist und der mit der Eroberung von Konstantinopel endet.
Nur zerbrechliche, gläserne, durchschimmernde Puppen könnten seiner Meinung nach so eine Geschichte spielen. Nur sie, mundgeblasen und transparent, seien in der Lage, die Weltgeschichte als Darstellung von Macht und Manipulation zu präsentieren.
Entstehen wird ein Film über die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber. Denn für Shawky steht fest: „Die Geschichte wurde stets aus verschiedenen Perspektiven gesehen. Das war schon bei der berühmten Rede von Papst Urban II. so, die der Auftakt zum ersten Kreuzzug gegen die Muslime war. Keiner der Autoren, die über sie berichten, haben sie tatsächlich gehört, und daher vier verschiedene Versionen gegeben.“ Shawky folgert daraus: „Geschichte ist eine Fiktion, es ist eine menschliche Erfindung.“
Der Künstler aus Ägypten ist „stolz“, in Düsseldorf zu sein. Hier lebten all seine Helden, die er als Student in der Bibliothek von Alexandria in den Katalogen sah: Beuys, Graubner und Richter. Er selbst sieht sich von Beuys inspiriert: „Beuys war ein Künstler, der bestimmte Materialien transformierte. Das hatte für ihn mit dem Glauben zu tun. Und er konnte eine Zuhörerschaft um sich scharen. Man muss erst den Glauben haben und dann die Botschaft“, sagt Wael Shawky.