Gruß vom "Zentis-Freund" - Düsseldorfer als Erpresser vor Gericht

Düsseldorf/Achen. Gift in süßen Früchtchen - für den Marmeladenproduzenten Zentis einAlptraum. Ein Erpresser wollte 500 000 Euro, bekam aber nur 5000.Jetzt steht der 27-jährige Düsseldorfer in Aachen vor Gericht.Aachen (dpa) - Dieser Mann ist auf den ersten Blick ein Schwiegermutter-Typ: Gepflegt, zurückhaltend, freundlich, redegewandt - und naiv.

Sein Erpresser-Päckchen an die Firma Zentis versah er mit einer freundlichen Geste. Der 27-Jährige legte der vergifteten Marmelade ein kleines, gelbes Auto bei - eigens für den Geschäftsführer, einen leidenschaftlichen Sammler von Modellautos. Zentis solle in den nächsten Tagen 500 000 Euro zahlen, ansonsten werde er die Marmelade des Aachener Unternehmens vergiften und in nordrhein-westfälische Supermärkte stellen, schrieb der "Zentis- Freund".

Seit Donnerstag steht der junge Mann aus Düsseldorf unter anderemwegen räuberischer Erpressung vor dem Aachener Landgericht. Er kommtaus einer Akademikerfamilie, macht Abi, studiert, hat Jobs. Als er mitseiner Freundin in Düsseldorf zusammenzieht, lebt er über seineVerhältnisse.

Aber er "wollte nicht die Hosen runterlassen" und seinerFreundin sagen, dass er sich das alles nicht erlauben konnte. 2009bricht alles zusammen: Freundin weg, keine Jobs mehr, Studiumvernachlässigt, Schulden.Er fälscht Papiere und eröffnet unter falschen Namen Girokonten undreizt die Dispokredite aus.

19 Mal macht er das so und ergaunert rund41 000 Euro. Er fühlt sich nicht wohl dabei, ist angespannt, brauchteine andere, langfristige Geldquelle. Im Internet liest er von derErpressung eines Lebensmittelunternehmens. "Letztlich kam ich aufZentis nach einem Blick in den Kühlschrank", sagte er.Unter der Spüle stand noch ein angebrochenes Lösungsmittel. Es warklar und stank.

"Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es gefährlichwar", sagte der Mann vor Gericht. Auf der Flasche habe keinGefahrenhinweis gestanden. Die Anklage geht aber sehr wohl davon aus,dass die vergiftete Marmelade für alte, kranke Menschen und Kinder einRisiko gewesen wären.Mit dem Lösungsmittel präpariert er drei Marmeladen des AachenerKonfitüren- und Süßwarenherstellers.

Damit die Gläser auch danach nochden "Frische-Plopp" hatten, setzt er sie in die Mikrowelle, erhitztsie, lässt sie abkühlen. "So wurde das Vakuum wiederhergestellt. Ichhabe früher mit meinen Eltern Marmelade gekocht.""Achtung Produkterpressung. Das ist kein Scherz", schreibt er ineinem Brief, den er am 4. Januar einwirft. Parallel dazu gibt der"Zentis-Freund" das Päckchen mit der vergifteten Marmelade und demModellauto-Auto auf.

"Vielleicht zeigt es, dass ich keiner bin, derauf Gedeih und Verderb etwas Böses will und ich doch ein vernünftigerMensch bin", versuchte er eine Erklärung.Bei Zentis setzen Brief und Paket eine Maschinerie in Gang. Derinterne Sicherheitsstab kommt zusammen, die Polizei wird informiert,kein Wort dringt nach draußen.

"Fakt war, dass wir das Schreiben vonAnfang an ernst genommen haben", sagte der Leiter des KrisenstabsMichael Köster. Trotzdem zahlte das Unternehmen insgesamt nur 5000Euro. Der "Zentis-Freund" bietet dem Unternehmen sogar Ratenzahlungenvon je 50 000 Euro an. "Ich wollte das Geld dann peu à peu amAutomaten abholen." Doch dazu kam es nicht mehr.