Josef Schnitzler: „Mutter, so hast du doch praktisch zwei Brauereien“
Josef Schnitzler, der Ehrenbaas vom Uerige wird am Mittwoch 75. Einst wechselte er vom Schumacher zur Konkurrenz.
Düsseldorf. Als man Josef Schnitzler im Uerige dann an der Strippe hat, warnt der den Journalisten erstmal: „Ich bin doch nur der Vater.“ Schon klar, aber nur den Vater wollen wir diesmal sprechen. Denn der wird heute 75! „Machste aber nicht so groß, den Artikel“, sagt er zum Abschied noch, und überhaupt: „Nein, großartig feiern tue ich den Geburtstag nicht, das hab ich noch nie getan.“
Bescheiden, witzig, fleißig, reell — so lernten und lernen Einheimische und Gäste den echten Düsseldorfer Jong immer wieder kennen. Meist montags und dienstags ist Schnitzler senior, der Ehrenbaas, immer noch in der Hausbrauerei an der Berger Straße, „außerdem, wenn ich helfen kann“. Und, wie geht’s? „Gut, ich bin ja noch 76 Jahre jünger als der Uerige.“ Das stimmt. Dann gucken wir doch einfach ein bisschen zurück in die Uerige-Geschichte von Josef Schnitzler. Er selbst nennt dann immer sofort auch seine Frau Christa.
Von 1976 bis 1999 also war Josef Schnitzler (mit Christa) Baas im Uerige, dann übernahm sein Sohn Michael. „An sich wollte ich nie Wirt werden, denn ich war mit Leib und Seele Bierbrauer und Mälzer“, erzählt er. Nach der Meisterprüfung hatte er in Weihenstephan noch an der Fakultät für Brauwesen studiert.
Als 1966 sein Vater starb, wünschten seine Mutter und ihr Bruder, dass Josef Schnitzler die Hausbrauerei Schumacher an der Oststraße leitet. Dort arbeitete Josef dann zwar auch einige Zeit, mittags versorgte er mit den Köbessen die eiligen Gäste mit Speis und Alt. Unter den vielen Leuten, die er dabei jedoch kennenlernte, waren dann auch solche, unter anderem der damalige Braumeister des Uerige, die ihn vom Elternhaus weg in die Altstadt lotsten.
Dort neigte sich im Herbst 1975 die Amtszeit von Rudolf Arnold, der seit 1937 als „Ewig-Baas“ im Uerige herrschte, dem Ende entgegen, Arnold selbst wollte Schnitzler als Nachfolger, es kam zum Verkauf und am 1. Januar begann die Ära Schnitzler im Uerige. Ob seine „Schumacher-Mutter“ da sauer war? „Ach was, ich habe ihr damals gesagt: Mutter, so hast du doch praktisch zwei Brauereien.“
Josef und Christa frischten den Uerige sogleich grundlegend auf. Der Lagerkeller wurde ausgebaut, Aluminium- durch Edelstahltanks ersetzt, vor allem aber wurde die Flaschenabfüllung eingeführt. Ansonsten wurden Innovationen nur behutsam eingeführt, 1993 etwa das Uerige Weizen. Ansonsten setzte Schnitzler senior vor allem kulturelle Akzente, er lud Jazzbands ein und rief 1999 den „Runden Tisch“ mit Frank Küster ins Leben.
Heute ist der begeisterte Radfahrer froh, dass es zumindest den Hausbrauereien gut geht, übrigens nicht nur in Düsseldorf. „Ich habe das gerade erst in Franken erfahren, wo ich mit dem Präsidenten des Bayerischen Brauerbundes gesprochen habe.“ Dass es die Sorte Alt insgesamt aber schwer hat, sorgt den Mann, den diese Zeitung einmal den „Präsidenten des Altbieres“ genannt hat, durchaus. „Wir im Uerige müssen einfach den Düsseldorfern und ihrer Lebensart dankbar sein. Sobald die Sonne rauskommt, sind die Leute da.“
Josef Schnitzler dankbar wiederum sind Generationen von Kindern, denen er als Nikolaus erschienen ist. Seit über 35 Jahren fährt er am 6. Dezember im Gewand des Heiligen per Kutsche durch die Stadt und verteilt feine Weckmänner. Auch die WZ-Redaktion beehrte er dabei manches Mal.
Und bevor es da die süße Belohnung gab, registrierte der Nikolaus erst, welcher Kollege wieder mal unentschuldigt fehlte, und ermahnte dann diejenigen, die — in ganz seltenen Fällen — suboptimale schreiberische Leistungen abgeliefert hatten. Denn die Zeitläufe, lokal und in aller Welt, die verfolgt er ganz genau, der Zeitungsleser Josef Schnitzler.