Keine Räume für den „Ganztag“: Eltern gehen auf die Barrikaden
Am „Leibniz“ und in Gerresheim fühlt man sich belogen, weil die versprochenen Umbauten noch in weiter Ferne liegen.
Düsseldorf. Selten trifft Politik in Ratsausschüssen so hart auf die Wirklichkeit, wie gestern im Beschwerdeausschuss. Weil sie sich in punkto Ausbau für den Ganztagsbetrieb nun seit Jahren hingehalten fühlen, protestierten Elternvertreter vom Leibniz-Montessori- und vom „Poth“-Gymnasium im Rathaus.
Und ließen dabei ein Feuerwerk an Vorwürfen los, dass den Leuten von der Bau- und Schulverwaltung sowie den Politikern Hören und Sehen verging.
Den ersten Aufschlag landete Urs Klaassen, der Schulpflegschaftsvorsitzende am Gymnasium Gerresheim. „Wir werden langsam zur bloßen Kinderverwahranstalt. Im Juni 2009 beschloss der Stadtrat, den Ganztagsbetrieb einzuführen, bis heute aber haben wir nicht einmal die Mindestinfrastruktur dafür“, wetterte er.
Noch vor einem Jahr habe die Stadt selbst einen zusätzlichen Raumbedarf von 1000 Quadratmetern ermittelt, passiert sei nichts. Klaassen: „Es fehlen mindestens zehn Klassenräume. Bei uns haben viele Schüler nur einen Quadratmeter Raum für sich, selbst Schweinen im Stall billigt man mehr zu.“
Zwar gebe es eine Mensa, die aber habe nur 100 Plätze, weshalb die Kinder bald im Vier-Schicht-Betrieb ihr Essen runterschlingen müssten. Und: Obwohl man ein naturwissenschaftliches Gymnasium sei, gebe es nicht einen einzigen naturwissenschaftlichen Fachraum.
Nicht viel milder war das, was Dagmar Wagner, Pflegschaftsvorsitzende am Leibniz, beklagte: „Ende 2008 fiel der Ganztagsbeschluss im Rat, doch bei uns gibt es nicht einmal eine Mensa, wo die Kinder Mittag essen können.“
Mündlich seien von der Stadt viele Versprechungen gekommen, „umgesetzt worden ist nichts“, so Wagner. In der Praxis sei der Ganztagsbetrieb an der engen Schule an der Scharnhorststraße „eine Katastrophe“.
Auch für den Montessori-Zweig, 2004 als Aushängeschild eingeführt, habe die Stadt seit vier Jahren nichts mehr getan. Wagner: „Die wichtige Freiarbeit etwa findet oft auf dem Flur statt.“ Das alles wollten Schüler und Eltern nicht länger hinnehmen, sie beantragten die Aussetzung des Ganztagsbetriebs. Doch das lehnte der Stadtrat ab. Wagner: „Dass heute auch hierhin kein Entscheidungsträger wie etwa OB Elbers gekommen ist, ist enttäuschend.“
So musste Doreen Kerler, Chefin des Bauamtes, die Verzögerungen der Umbauten erklären: „Seit 2000 haben wir 345 Millionen Euro in die Schulen gesteckt, jedes Jahr kommen 30 Millionen dazu, Geld- und Personalbudgets haben auch ihre Grenzen.“ Neue Zeitpläne nannte sie nicht. Und somit muss man Am Poth wohl bis 2021 (!) warten, bis der Umbau für den Ganztag kommt.
Für die Opposition ein gefundenes Fressen: „Der Ganztag ist in Wahrheit an fast allen betroffenen Schulen ein großes Problem. Die Stadt hat einfach viel zu viel versprochen, was sie nun nicht halten kann“, sagte Wolfgang Scheffler (Grüne), der Vorsitzende des Schulausschusses. Deshalb müsse der Etat hierfür dringend aufgestockt werden, forderte auch die SPD.
Für die Ratsmehrheit hielt nur Sylvia Pantel (CDU) dagegen: „Zu Zeiten von Rot-Grün mussten Eltern noch selbst die Gebäude renovieren, da gab’s eine Million für alle Schulen, wir investieren das 30-fache.“