Keramische Begleiter ins Totenreich
Hetjens-Musem: Eine Schau westafrikanischer Kultobjekte und Gefäße ist an der Schulstraße zu sehen.
Die historische Kunst Westafrikas wird bestimmt durch den Totenkult. Jedes Objekt hatte einst eine Funktion und eine durch die jeweilige Religion geprägte Vorstellung. Eine große Keramikfigur aus Nigeria, mit den abstrahierten Bogen-Ohren eines Elefanten und dem Kopf eines Mischwesens, stand einst auf einem Grab und stellt einen stilisierten Elefanten dar. Die Stele sollte den Toten auf seinem Weg ins Jenseits begleiten. Sie ist eines der Glanzpunkte in einer Ausstellung im Hetjens-Museum, die unter dem fast schon verschenkten Titel „In Frauenhand“ läuft, weil Frauen in der Regel in Afrika die Schöpfer der Keramik waren.
Die Sammlung, die durch Beispiele aus einem Kloster in Sankt Augustin erweitert wird, besteht vorrangig aus Geschenken. Provenienz-Forschung gibt es nicht. Anfragen zu Rückführungen wurden von keiner Seite gestellt. Man solle sich einfach an den Dingen erfreuen, empfiehlt die Museumschefin Daniela Antonin, schließlich sei schon Pablo Picasso von der Kunst Westafrikas inspiriert worden.
Eine Kostbarkeit ist eine Terrakottafigur vom Stamm der Tenenkun aus dem Niger-Binnendelta. Sie zeigt ein Mischwesen mit tierähnlichem Kopf, langen Fingern und Gliedmaßen, eine Art Wächterfigur. Wie Untersuchungen ergaben, stammt sie aus dem 13. oder 14. Jahrhundert und ist eine der frühesten Stücke im Museum zu diesem Thema.
Ein weiterer Höhepunkt ist eine Reiterfigur aus Mali aus der Zeit um 1300. Sie steht für eine hochrangige Person mit weit aufgerissenem, rundem Mund, ein Zeichen für einen Toten, aus dem die Seele entflohen ist.
Die Ausstellung ist spannend, aber lässt viele Fragen offen. Sie wird von keinem Katalog begleitet, findet im düsteren Kellergeschoss an schwarz gestrichenen Wänden statt. Nur wenn die wissenschaftliche Mitarbeiterin Janine Ruffing zum Rundgang bittet, wird die Schau lebendig. Sie berichtet von einem „Maus-Orakel“ aus Burkina Faso. Wer sich auf Zehenspitzen stellt und durch ein Loch in einem kleinen Topf guckt, sieht zwei minimale Ebenen. Ins Gefäß steckte man Holzstifte, Futter und eine Maus. Aus der Stellung der Maus beim Fressen konnte der Weissager die Zukunft deuten.
Seelengefäße mit offenem Mund zum Zeichen der Trauer, mit Tätowierungen auf Backen und Schläfen, das Ganze wie eine Kalebasse mit bauchigem Unterbau ausgeführt, wirken funktional und sind doch zugleich auf ein Jenseits gerichtet.
30 Jahre ruhten die Schätze im Depot. Dennoch ist die Präsentation ein Schnellschuss. Eine Zusammenarbeit mit der benachbarten Galerie Simonis, die auf traditionelle Kunst aus Afrika und Ozeanien spezialisiert ist und die auf die Präsentation von derlei Kostbarkeiten bewandert ist, wurde auf später verschoben. So aber stehen die Vitrinen oftmals direkt vor den Wänden, so dass sich die Skulpturen nur frontal betrachten lassen. Es gibt Texte, die so versteckt im Dunkeln sind, dass man sie nicht findet, geschweige denn entziffert.
Info: Hetjens-Museum: Schulstraße 4. Bis 21. Oktober, Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr. Eintritt 5, ermäßigt 2,50 Euro.