Kultur Kompakt Bemerkenswerter Abend mit russischer Pianistin
Düssledorf · Sie kommt vom nördlichen Polarkreis, erlebte als Kind im Winter das Eismeer und im Sommer die zauberhafte Farbenpracht der Tundra. Die Rede ist von der russischen Pianistin Ekaterina Litvintseva. Mit 16 Jahren studierte sie Klavier in Moskau, später setzte sie ihr Studium in Köln und Würzburg fort.
Jetzt gab sie in der Reihe „Weltklassik am Klavier“ im Düsseldorfer Pianohaus Rehbock einen bemerkenswerten Klavierabend.
Der Vortragssaal hat eine trockene, direkte Akustik, die Schwächen gnadenlos aufzeigt. Er ist für jeden Pianisten ein Prüfstein. Die junge Pianistin hat diese Prüfung mit zunehmender Dauer des Abends immer besser, letztendlich mit Bravour gemeistert.
Beethovens „Sturm“-Sonate op.31,2 in d-Moll spielte Ekaterina Litvintseva noch mit ganz geöffnetem Flügel. Sie konnte so zwar ihre spieltechnische Präzision demonstrativ offenlegen, hätte aber im zweiten und dritten Satz durchaus etwas mutigeren Pedalgebrauch einbringen können. So vermisste man bei aller Präzision klanglich den sich in dieser Sonate bereits ankündigenden romantischen Gestus. Franz Schuberts „Drei Klavierstücke D 946“ interpretierte sie stilsicher und spannungsreich: lyrisch und rebellisch, deklamatorisch und visionär. Die schubertsche Sehnsucht nach einer friedlichen und harmonischen Welt wurde in Livintsevas Interpretation spürbar.
Den zweiten Teil des Abends – diesmal mit halb geöffnetem Flügel und angenehmerem Hörgenuss – begann sie mit Chopins „Ballade Nr.3 As-Dur“ und trumpfte mit einer brillanten Virtuosität auf. Im finalen Werk des Abends, Schumanns „Symphonischen Etüden op. 13“ beeindruckte sie mit einem breiten Spektrum an romantischer Expressivität. Sie beherrscht die technischen Herausforderungen wie schnelle Oktav-Repetitionen und brillantes Fingerspiel souverän. Die Klangentfaltung im Andante Nr.11 und die Lebensfreude im finalen „Allegro brillante“ begeisterten das Publikum. Es wurde für den langanhaltenden Applaus mit einer leidenschaftlich interpretierten Zugabe von Chopins Scherzo Nr.3 cis-Moll belohnt. GS