Roland Büdenbender Der Gentleman vom Schauspielhaus geht

Mehr als 20 Jahre hat Roland Büdenbender den Besucherservice am Theater geleitet. Am Donnerstag geht der 65-Jährige in den Ruhestand.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Die Fliege, Diskretion und Zuvorkommenheit — das sind seine Markenzeichen. So kennen Roland Büdenbender mehrere Generationen von Theaterbesuchern. Denn seit 25 Jahren — mit fünf Jahren Unterbrechung — sorgt er als Leiter des Besucherservice im Schauspielhaus (so die offizielle Bezeichnung) für gute Stimmung im Foyer. Schnell und lautlos löst er kleine Probleme bei Sitzplätzen oder hört in Ruhe zu, wenn etwas schiefgelaufen ist. Deeskalieren, das Lösen von Konflikten, beruhigen, beschwichtigen — das war ein Vierteljahrhundert das tägliche Brot von Roland Büdenbender. Nun geht der gelernte Industriekaufmann, der nach einem BWL-Studium zuerst als Controller in der Direktion des Kempinski-Hotels in Berlin arbeitete, mit 65 Jahren und sieben Monaten in den Ruhestand.

Wie kam er damals nach Düsseldorf? Sein Frau Editha bekam einen Posten im Madison-Hotel. „Daher zog ich mit ihr an den Rhein“, erzählt er. Seinen letzten Abenddienst versieht Roland Büdenbender am Donnerstag — natürlich wieder in Anzug und Fliege. „Das ist eine Schleife. Ich binde sie selbst“, verbessert Büdenbender, der, stets wie aus dem Ei gepellt, wie der Empfangs-Chef in einem Grand-Hotel auftritt. Er wirkt elegant und seriös, wenn er mit den Schauspielhaus-Freunden spricht. Und gewinnt schnell Vertrauen und Respekt. Da denken die meisten „Der hat hier ‚was zu sagen“. Augenscheinlich macht ihm das Reden mit dem Publikum Spaß. „Der Kontakt zu den Zuschauern hat mich immer fasziniert. Genauso mit den Schauspielern. Das habe ihn besonders gereizt. „Man hat mir so manches anvertraut, auch schon mal Privates“, verrät er. Klar, dass der Gentleman über Namen schweigt. Er habe aber festgestellt, dass die von vielen bewunderten Bühnenkünstler hinter der Bühne Menschen sind wie jeder, mit Fehlern. Sie seien „besonders feinfühlig und extrem verletzbar“. Volker Canaris, Anna Badora, Amelie Niermeyer, Staffan V. Holm — zum Schluss Günther Beelitz und jetzt Wilfried Schulz. Intendanten kamen, Büdenbender blieb. Er hat sie, Schauspieler und Regisseure hautnah erlebt und ihre Arbeit schätzen gelernt. „Wenn Theaterleiter beginnen, sind sie nervös, wollen das Rad neu erfinden. In der zweiten Spielzeit sieht man meist, dass auch sie nur mit Wasser kochen“, so eine Bilanz. An Skandale erinnert er sich mit Blick auf die späten 1980er und frühen 2000er Jahre.

So etwa an die heftigen Publikums-Reaktionen auf Werner Schroeters Inszenierung von „King Lear“. „Damals musste mindestens einer immer nackt auftreten.“ Und an die Störaktion des früheren, angeblich längst geläuterten Rechtextremen Torsten Lemmer (heute Fraktionsgeschäftsführer der Ratsfraktion Tierschutzpartei/ Freie Wähler) bei Schnitzlers „Professor Bernhardi“.

Die Vorstellung musste verspätet beginnen. Und an Jürgen Goschs „Macbeth“. Bei der Premiere war nach der Pause der Saal halb leer. Eine Lehrerin mit ihren Abiturienten verließ unter Protest das Haus. Und verlangte ihr Geld zurück. Was Roland Büdenbender diskret erledigte. Er erinnert sich: „Kurze Zeit später wurde diese Inszenierung zum Berliner Theatertreffen eingeladen, avancierte zum Kult und war immer ausverkauft.“

Ehrensache war für den an Literatur Begeisterten Büdenbender, dass er die Stücke vorher gelesen hatte. Auch „um mitreden zu können, wenn mich Zuschauer fragen“. Bei Lieblings-Dramatikern nennt er spontan Molière, Brecht und Houellebecq. Dessen Stück „Unterwerfung“ gehöre derzeit zu seinen Lieblings-Inszenierungen. Wie auch „Karte und Gebiet“, das 2012 ein Renner im Kleinen Schauspielhaus war. Ins Schwärmen gerät er auch beim „Sommernachtstraum“ der Bürgerbühne. „Ich habe alle Stücke gesehen, die in meiner Zeit herauskamen“, erzählt er. „Fragen Sie mich bitte nicht, wie viele es waren.“

Wenn er auch mit dem Haus und den Düsseldorfern verwachsen ist, so ziehen die Büdenbenders jetzt nach Ostfriesland, nach Norden. „Das ist der Wunsch meiner Frau.“ Er freut sich, dass er sich nicht mehr täglich im Schauspielhaus oder im Central um die Abonnenten, das Ticketing, den Kassenbereich und die vielen Besucher-Gruppen kümmern muss. Und darauf, locker — mit offenem Hemdkragen — herrumzulaufen. „Dem Zeitgeist entsprechend“, sagt er und schmunzelt. Und nicht mehr für den Abenddienst eine seiner 60 farbigen Schleifen (die er mit den Jahren sammelte) binden muss. Er freut sich auf mehr Zeit fürs Lesen und für Reisen, darunter ein Ausflug nach Wien. „Auch um Anna Badora zu besuchen, zu der ich seit 1999 ein freundschaftliches Verhältnis habe. Wir haben Kontakt gehalten.“ Und auf Konzerte in der Ludgerikirche in Norden. Dort steht — nach Hamburg, so der Musikfreund Büdenbender — eine der größten Orgeln Deutschlands.

Was wünscht er seinem Nachfolger, einem jungen Mann, der im August seinen Dienst antritt? „Dass er genauso viel Freude am Theater und an Begegnungen mit Menschen hat wie ich.“

Die Brücken hinter sich abbrechen, werden die Büdenbenders indes nicht. Auch aus familiären Gründen werden sie immer wieder nach Düsseldorf zurückkehren. Auch ins Theater? „Irgendwann sicherlich, aber erst einmal brauche ich Abstand.“