Kraftwerk, Robbie Williams, Bob Dylan Hier kommen die Stars

Das scheidende Jahr war für hiesige Konzertgänger eher mau. Das nächste wird immerhin etwas besser. Ein Überblick.

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Düsseldorf. War 2016 lediglich ein Dauer-Fiasko oder gab es eindeutige Anzeichen für die nahende Apokalypse (Silvesterschock, Horrorclowns, US-Wahl)? Besondere musikalische Spuren wird das weltpolitisch desaströse Jahr jedenfalls nicht hinterlassen. Es war auch in puncto Pop ein verschenktes — nicht nur wegen des letzten Platzes beim ESC. In Erinnerung bleiben wird vermutlich die Sterbewelle (David Bowie, Roger Cicero, Leonard Cohen, Keith Emerson, Prince, Alan Vega und jetzt George Michael — um nur einige zu nennen) und vielleicht noch die ewige Revoluzzer-Haltung Bob Dylans bei der Nobelpreisverleihung.

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Auf die für 2017 annoncierten Veröffentlichungen von Bonobo, Chronixx, Depeche Mode, Drake, Massive Attack, Rammstein, Thievery Corporation und Die Toten Hosen könnte die notorische Katastrophenzeit bereits Einfluss genommen haben.

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Das erste Konzerthalbjahr 2017 verspricht ein besonders lautes zu werden. Viele Solisten und Bands kommen mit neuer Platte, Best-Of-Programm oder zum Abschied in den Sektor. Leider ist Düsseldorf auch im neuen Jahr bei internationalen Konzertveranstaltern nicht die erste Wahl. Die meisten Champions-League-Acts meiden die Landeshauptstadt per se. Etwa die neuen Kings Of Pop The Weeknd (2.3. — ausverkauft), Drake (16.3.) und Bruno Mars (10.4.), die es ohne Umwege direkt in die Lanxess Arena zieht. Auch Stadion-Rocker wie Black Sabbath (17.1.), Green Day (30.1.), Kings Of Leon (15.2) oder Aerosmith (20.6.) spielen dort. Bitter ist, dass selbst Top-Acts, die bereits in Düsseldorf gastierten, diesmal der Domstadt den Vorzug geben. Depeche Mode wechseln bei ihrer „Global Spirit“-Tour ins Rhein-Energie-Stadion (5.6.), und Phil Collins tritt lieber an fünf Abenden in Deutz (11. - 16.6.) als (wie anno 2005) zweimal in Stockum auf.

Auch Elton John (27.6) und Wohnzimmer-Vamp Helene Fischer sind treulose Tomaten. Madame gastiert lieber in Dortmund (26.9. — 1.10.) und in Köln (2.10 — 8.10.) und lässt Düsseldorf auch 2018 links liegen. Noch bitterer, dass sogar Düsseldorfer Jonges im „Henkelmännchen“, aber nicht in der Heimat auftreten: Broilers (25.3.) und Marius Müller-Westernhagen (19.10. & am 30.8. in Mönchengladbach).

Halleluja, Robbie kommt! Bei der Düsseldorf Congress Sport & Event GmbH schlägt man dagegen drei Kreuze, dass man mit Udo Lindenberg (24.5. Rather Dome) und Robbie Williams (28.6. Arena) wenigstens zwei popmusikalische Großveranstaltungen in die Stadt gezogen hat. Was in diesen Fällen nicht so schwer gewesen sein dürfte, denn beide Künstler sind mit der Stadt eng verbunden. Udo ist neuer Ehrenbürger und Robbie liebt Düsseldorf. Er spielte schon im Tor 3, der Philipshalle, dem Dome und als Take That-Mitglied auch schon in der Arena. Doch erst mit seiner „Heavy Entertainment Show“ kommt er solo zum ersten Stadionkonzert und wird für nostalgische Hysterie der zu Businessfrauen avancierten Teenies von einst sorgen. Die dürften sich die Ticketpreise (75 bis 118 Euro) für zwei Stunden Anti-Aging-Extase locker gönnen können.

Zudem gibt es ja noch die Halle an der Siegburger Straße, die nicht nur mit Eisrevuen, Musicals und Pferdeshows aufwartet, sondern auch mit angesagten Musikanten. Es kommen die Dropkick Murphys (3.2.), Lukas Graham (13.3.), Beginner (24.3. — ausverkauft), Korn (25.3.), Grande Dames à la Sarah Connor (16.3.), Ina Müller (17.3.), Gianna Nannini (5.4.) und Patricia Kaas (7.4.) sowie eine bunte Mixtur aus Oldies wie Goldies à la Sting (4.4.), Annen May Kantereit (8.4.), Brings (30.4.), Bryan Ferry (15.5.), Foreigner (14.5.) oder Alan Parson’s Project (28.5.). Auf drei Abende sind die „Alive & Swingin’“-Shows vom deutschen „Rat Pack“ Rea Garvey, Xavier Naidoo und Sasha terminiert, Big Band und großes Showbesteck inklusive: Michael Mittermeier moderiert (1.-3.3.).

Bob Dylan spielt während seiner Europatour im April an zwei Abenden in Stockholm (1. & 2.4. — bereits ausverkauft). Damit kann er das Sümmchen noch ein wenig aufstocken. Nobel wäre es, die Einnahmen zu spenden. Vielleicht hat „His Bobness“ auch hier noch eine Überraschung in petto. Egal wie er sich entscheidet, keine zwei Wochen später, kurz vor seinem 76. Geburtstag, rockt der lebende Weltkulturerbe tatsächlich noch einmal in Oberbilk (13.4.). Übrigens ebenso exklusiv in NRW wie die Gigs von Dream Theater (11.2.), The xx, welche ihr lang erwartetes drittes Album „I See You“ vorstellen (28.2.), und den Surf-Dinos The Beach Boys (17.6.). Zumindest für diese Petitessen müssen auch Kölner mal in die Landeshauptstadt fahren.

Dass auch die Donau-Wellen im neuen Jahr erfolgreich weiterrollen werden, dafür gibt es genügend Anzeichen. Nicht erst seit sich die Alpenrepublik bei ihrer jüngsten Präsidentschaftswahl gegen den Rechtspopulismus-Trend gewehrt hat, insinuieren kuriose Striezel und Heurigen-P(r)o(l)eten wie Voodoo Jürgens oder Der Nino aus Wien ihren schmierigen Schmäh auch einem dialekt-fernen bundesdeutschen Publikum. Die beiden inzwischen zu Headlinern aufgestiegenen Schlawiner des Austropops, Bilderbuch und Wanda, haben die Düsseldorf-Köln-Konkurrenz heuer auf diplomatische Weise geregelt: Während die Bühnen-Derwische Wanda im Stahlwerk (13.2.) spielen, treten Bilderbuch (samt neuem Album „Magic Life“) wieder in Köln auf (Palladium, 28.3.).

Für die heimische Musikszene startet das neue Jahr ganz viel versprechend. Selbst in die Toten Hosen kommt wieder Leben. Nach zweijähriger Auszeit begeben sie sich sowohl auf Stadion- (Rock am Ring, 3.7.) als auch auf „Magical Mystery Tour“ (in ausgewählten Klitschen und Wohnzimmern ihrer Fans). Dazu erscheint ein neues Album, das im Sommer zu erwarten nicht ganz unrealistisch zu sein scheint.

Ihre Zöglinge und Labelmates Broilers sind da schon einen Schritt weiter. Ihr neues Werk erscheint schon Anfang Februar (am 2.2. spielen sie einen Warm-Up-Gig im Consum). Kurz danach geht es auf ausgiebige Tournee durch die größten Hallen der Republik. Was bislang leider von beiden Bands fehlt, ist ein offizieller Heimspieltermin. Für einen solchen sorgen ausgerechnet die Elektronik-Pioniere von Kraftwerk. Am 1. Juli werden sie zur „großen Anfahrt“ der 104. Tour de France mit ihren französischen Kollegen Air vor 15 000 Fans im Ehrenhof aufspielen. Für die ausgesprochen auswärtsstarken Mensch-Maschinen nicht nur das 16. Heimspiel ihrer 45-jährigen Karriere, sondern auch ihr erstes Open Air, die größte Kulisse und womöglich auch der letzte Auftritt daheim. Die pophistorische Bedeutung dieses Konzertes bewegt sich auf einer Ebene mit einem (bislang unwahrscheinlichen) Beatles-Reunion-Gig in Liverpool und dürfte vielen Einheimischen ebenso wenig bewusst sein wie die weltweite mediale Bedeutung und die verkehrsbedingten Auswirkungen des Grand Départ auf Stadt und Umland.

In einer kommerziell anderen Liga, aber ebenso unverwüstliche Veteranen der Düsseldorfer Schule, spielen die agierenden und agitierenden Soul-Punker Family *5. Deren Band-Bosse Peter Hein, Bonvivant und Fehlfarben-Sänger, sowie der gebürtige Grazer Gitarrist und Drehbuchautor Xao Seffcheque, sind nur unwesentlich älter als die Gemäuer des Geschehens (Baujahr 1958). Kürzlich veröffentlichten sie nach zwölf Jahren Funkstille ein neues Album („Was zählt“), das von der Musikkritik sehr gut besprochen wurde. Dies und einige Evergreens werden die Recken zum gefühlt 30. Mal im Haus der Jugend zu Gehör bringen (12.3.).