„Die Kunst ist eine Alltagssache“
Mit subversivem Humor unterhält der Konzeptkünstler Hans-Peter Feldmann die Gäste am Grabbeplatz.
Düsseldorf. Hans-Peter Feldmann (69) stieg vor 40 Jahren aus der traditionellen Kunst aus. Seitdem verstößt er gegen alle Regeln des Kunstmarkts. Seine Dinge stammen häufig vom Trödelmarkt, seine Fotos sind oft nur Kopien, seine Gemälde billige Repliken, die auf dem Kopf stehen.
Sein Werk ist unsigniert, undatiert und ohne Titel. Sein Porträt von Karl Marx wurde von einem Anonymus hergestellt. Feldmann übermalte jedoch die Augen, so dass sie nun schielen. So viel Humor und kindliche Spielfreude hat es in der Kunsthalle selten gegeben.
Der Konzeptkünstler verdiente anfangs seine Brötchen im eigenen Kuriositätenladen am Burgplatz, bis ihn vor 20 Jahren Werner Lippert entdeckte, der später das NRW-Forum übernehmen sollte. Der jetzige Erfolg macht Feldmann jedoch nicht übermütig.
Er schweigt, gibt keine Interviews und wertet die Kataloge nicht durch seine Unterschrift auf. Die Zeiten, wo er in die Kataloge biss, seien auch vorüber, erklärte er in der Kunsthalle. Der Grund: Seine Zähne würden dies nicht mehr zulassen.
Die Besucher werden weiterhin aufs Glatteis geführt. Sie sehen einen roten Vorhang, aber nichts dahinter. Sie finden den David nach Michelangelo wie jüngst auf dem Malkasten-Vorplatz; nur ist er dieses Mal etwas kleiner geraten und hat eine grellbunte Eva mit rotem Apfel neben sich. Woher das Original der Eva stammt, kann Feldmann nicht sagen. Er habe es mit dem David in irgendeinem Shop erstanden.
Wie auf der Biennale von Venedig bittet der Künstler zum Schattenspiel. Wackelhund und Kunststoff-Kuh, Totengerippe und Korkenzieher hat er gekauft oder aus der eigenen Schublade geholt. Auf Drehteller gestellt und von billigen Lampen angestrahlt, ergeben all diese Fundstücke ein lustiges Schwarzweiß-Kino.
Wie absurd und raffiniert er handelt, wird an einem billigen Schwarzweiß-Druck deutlich, der zwei Kinder zeigt. Eines schneidet Feldmann aus, so dass die weiße Wand zu sehen ist. Was auf dem Bild bleibt, ist der schwarze Schatten des nicht mehr vorhandenen Kindes. Und dann ist da noch die Kaffeekanne, deren Schatten interessanter wirkt als die Kanne selbst.
Die Schönheit im Alltag können ein Ständer mit abgewetzten Stöckelschuhen, ein alter "Perser"(Teppich) mit Plastiktieren oder Fotos von Sonnenuntergängen und Wolken sein, die wie Persiflagen auf den Großmeister Gerhard Richter wirken, nur ärmlicher und bescheidener.
Ein riesiger Papierflieger liegt wie eine gestrandete Flunder im Kinosaal. Dazu dürfen Kinder eigene Papierflieger bauen und zum großen Bruder werfen. An der Wand lehnt ein altes Fahrrad.
Es wirkt, als sei der Künstler mal eben durch den Raum geradelt. Niemand würde sich wundern, wenn er sich darauf schwingen und verschwinden würde, um die Grenzen zwischen Innen und Außen, Kunst und Leben weiterhin auszuloten. "Kunst ist eine ganz banale Alltagssache für jedermann", gibt Feldmann preis.