Theater: Die Hellweg-Bande kommt auf die Bühne

Eine bis heute raue Gegend in Flingern bot den Stoff für ein Stück, das von einer Bande erzählt, die 1945 Robin Hood spielte.

Düsseldorf. Mit einer Harke bearbeitet der Mann akribisch das Beet. Rosen und Hortensien blühen im Schatten der Bäume. Wenn der Wind die Blätter beiseite schiebt, kommt sogar ab und zu die Sonne durch. Die perfekte Sommeridylle, mitten in der Stadt. Mitten auf dem Hellweg.

Im Leben von Fritz, Hermann, Hubert und den anderen Jungs spielten solche Tage keine große Rolle, auch wenn der Ort, an dem sie lebten, schon damals derselbe war wie heute. Seit jeher gilt der Hellweg als sozialer Brennpunkt, und niemandem würde einfallen, ihn wegen seiner seiner üppigen Baumreihen Allee zu nennen, obwohl es die wunderschönen Kastanien verdienen.

Allee oder nicht - Regisseur und Autor Norbert Ebel sieht die Häuserzeilen mit den kastigen Gebäuden, die dort seit den 30er Jahren stehen, ohnehin mit anderen Augen. Seitdem er vor sechs Jahren von der Geschichte der Hellweg-Bande gehört hat, will er sie in einer Theaterversion auf die Bühne bringen. Jetzt ist es ihm gelungen, Ende Juni wird das Stück im FFT Juta aufgeführt.

"Es gibt nur wenig Informationen über die Bande. Sie war von 1945 bis 1946 aktiv und bestand aus Jugendlichen, die teils am Hellweg oder in dessen Umgebung wohnten, teils aus Kinderheimen weggelaufen waren", sagt Ebel. "Sie plünderten die Lebensmittellager der britischen Besatzer, die sich ganz in der Nähe befanden. Und was sie für sich selbst nicht brauchten, sollen sie den Bewohnern abgegeben haben. Am Hellweg wohnten schon damals in erster Linie arme Menschen", sagt Ebel.

Ebel recherchierte die Fakten vor Ort. Jugendliche der Flingerner Anne-Frank-Realschule unterstützten ihn - und sie wurden fündig. Ja, die Bande habe viel Gutes getan, wussten einige Anwohner zu berichten. Absolut harmlos sei sie gewesen, was aber wohl nicht auf alle Mitglieder gleichermaßen zutrifft. Einige wenige sollen gar tiefer in die Kriminalität abgerutscht sein. "Eine ältere Frau reagierte sehr energisch. Als ich sie fragte, ob die Jugendlichen auch Waffen bei sich trugen, hatte ich den Eindruck, dass sie immer noch glaubt, sie beschützen zu müssen", sagt Ebel. Er hatte in Dokumenten des Stadtarchivs gelesen, dass die Hellweg-Bewohner die Bandenmitglieder versteckten.

Ein Jahr lang spielte die Hellweg-Bande den Düsseldorfer Robin Hood, dann wurden die Mitglieder gefasst und verurteilt. Manche Spur reicht jedoch bis ins Jahr 2010. "Vor zwei Tagen hat sich die Tochter des Bandenchefs Hubert gemeldet", erzählt Ebel. Sie selbst wohnt in Meerbusch, ihr Vater, der damals bei allen nur Graf Mocca hieß, lebt aber nach wie vor in Düsseldorf. Ihn hatte das Gericht zum Tode verurteilt, später jedoch begnadigt.

Ein anderes Bandenmitglied machte nach seiner verwegenen Jugendzeit in Flingern sogar noch gesamtstädtisch Karriere. "Er war Mitglied im Stadtrat, ist aber mittlerweile verstorben", sagt Ebel, der zu dessen Frau Kontakt hat. Der Politiker kehrt in dem Theaterstück als Harry zurück.