Konzert: Sternstunde mit Stradivari
Geiger Frank Peter Zimmermann begeistert das Publikum im Schumann-Saal.
Düsseldorf. Der Auftritt des Geigers Frank Peter Zimmermann ist bescheiden wie immer. Der gebürtige Duisburger entsprach noch nie dem Klischee des glamourösen Violin-Stars à la Maxim Vengerov oder Anne-Sophie Mutter. Und auch jetzt erscheint Zimmermann mit seinem ständigen Pianisten Enrico Pace unauffällig und etwas scheu lächelnd auf dem Podium des Schumann-Saals.
Anlässlich des Schumannfests hat der Geiger die drei Violinsonaten Robert Schumanns einstudiert, um sie in Kombination mit den späten Sonaten Paul Hindemiths aufzuführen.
Auf diese Weise werden diverse Schätze gehoben. Denn zunächst sind Schumanns und Hindemiths Sonaten trotz ihres Schattendaseins im heutigen Konzertbetrieb Beispiele gehaltvollster Musik, und zweitens offenbaren ebendiese Werke in Zimmermanns und Paces inspirierter Wiedergabe ihren ganzen musikalischen Zauber.
Die 1853 durch Joseph Joachim und Clara Schumann in Düsseldorf uraufgeführte Violinsonate d-Moll gehört zu Robert Schumanns letzten Kompositionen. Sie entstand nur wenige Monate bevor er sich lebensmüde von der Rheinbrücke stürzte (und lebendig wieder aus dem Wasser gefischt wurde).
Manche Musikkenner glauben in Schumanns Spätwerk schwindende Geisteskräfte konstatieren zu können. Doch haben die ja auch noch nie Frank Peter Zimmermann mit der d-Moll-Sonate erlebt. Und so gespielt, entfaltet diese Musik ihre ungeheure Ausdruckskraft.
Zimmermann entlockt seiner Stradivari einen enormen Reichtum an Klangfarben. Die wenigsten Geiger verfügen über solche Schattierungen. Das Spiel erinnert an die Kunst eines großen Sängers, in dessen Timbre feinste Empfindungsnuancen mitschwingen. Besonders anrührend gelingt
Zimmermann der langsame 3. Satz mit seinem beseelten Thema und meditativ anmutenden Variationen. Man kann auf dem heutigen Klassikmarkt lange suchen, bis man einen Geiger mit vergleichbarer Fähigkeit zu musikalischer Eloquenz findet.
Bei all dem zieht Zimmermann keine Show ab. Gesicht und Körper befinden sich zwar in leichter Anspannung, aber die Bogenführung wirkt schlicht und natürlich. Selbst virtuose Passagen in den Hindemith-Sonaten klingen in dieser Wiedergabe so, als würden sie den Geiger gar nicht mal besonders fordern. Pianist Enrico Pace begleitet Zimmermann mit größter Aufmerksamkeit, ordnet sich fast zu stark unter.
Das ergibt zwar ein harmonisches Zusammenspiel, doch vermisst man eine eigenständige pianistische Persönlichkeit, die zum kammermusikalischen Auftritt dazugehört. Gleichwohl eine Sternstunde. Das Publikum im gut besuchten Saal lauscht still, um am Schluss umso geräuschvoller zu applaudieren.