Thomas Zehetmair: Ein Geiger für das Ungewöhnliche
Thomas Zehetmair brilliert gleich zwei Mal: beim Schumannfest und mit den Düsys.
Düsseldorf. Es ist ein doppelter Glücksfall, dass sich der international renommierte österreichische Geiger Thomas Zehetmair dieser Tage in Düsseldorf aufhält.
Nicht nur, dass er sich als glänzender Solist für Robert Schumanns Violinkonzert d-Moll erweist, das beim aktuellen Konzert der Düsseldorfer Symphoniker unter Gastleitung von Mario Venzago zu hören ist. Er springt auch für die erkrankte Kollegin Janine Jansen ein.
Diese sollte im Abschlusskonzert des Schumann-Festes am Samstag mit der Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi das Solo von Beethovens Violinkonzert spielen.
Zehetmair übernimmt den Part mit solcher Bravour, als sei er speziell für dieses Stück angereist. Um ihn gibt es wenig Starrummel, er erweist sich als ernsthafter Musiker, der sich intensiv mit der Moderne auseinandersetzt. Kein Wunder, dass seine Zugaben von breiten-unwirksamen Komponisten des 20. Jahrhunderts stammen, von Bernd Alois Zimmermann und Heinz Holliger. Auch bei den Kadenzen und Fassungen wählt er das Ungewöhnliche.
Im Beethoven-Konzert greift er zu einer Kadenz, die Beethoven ursprünglich für die Klavierfassung des Violinkonzerts komponierte und die der große Geiger Wolfgang Schneiderhan (1915-2002) einst für die Violine transkribierte. Es handelt sich dabei um ein virtuoses, klanglich angereichertes Duo mit Pauke. Zehetmair läuft hier zur Hochform auf und entlockt seiner Stradivari glänzende Töne. An den leisen Stellen kann er in ein Pianissimo zurückgehen, das trotz seiner Zartheit noch in den hinteren Reihen gut zu hören ist.
Die Kammerphilharmonie Bremen lässt unter Järvis Leitung dem Solisten den Vortritt. Umso dynamischer musiziert das Orchester in Robert Schumanns "Rheinischer Symphonie". Järvi wählt zügige Tempi. Das Klangbild zeichnet sich durch glasklare Transparenz aus, die auch in der rasanten Schluss-Stretta des Finalsatzes erhalten bleibt.
Beim Konzert der Düsseldorfer Symphoniker spielt Zehetmair das Schumann-Violinkonzert in einer rekonstruierten Originalfassung, an der er selbst mitwirkte. Der Solopart ist schlichter als in der von Paul Hindemith eingerichteten Version, die 1937 unter Nazi-Herrschaft uraufgeführt wurde und als Ersatz für das Violinkonzert des Juden Mendelssohn herhalten musste. Zehetmair findet mit den Symphonikern und Dirigent Mario Venzago zu einer klangsinnlichen, konzentrierten Interpretation, in der die poetische Tonsprache Schumanns, die im Spätwerk immer geheimnisvoller wurde, eloquent zur Geltung kommt.