Musik-Kolumne Livestreams und Online-Konzerte in den Zeiten von Corona
Düsseldorf · Was Musiker so machen in Corona-Zeiten. Online-Konzerte sind die Chance der Stunde.
Die Mutter aller Livestreams in der Corona-Zeit ist wohl das allabendliche Hauskonzert des Berliner Pianisten Igor Levit, der via Twitter klassische Klavierwerke für mehr als zwanzigtausend Zuschauer überträgt. Die wenigsten haben seine Reichweite und Popularität, auch nicht für jeden ist dieses Medium so geschaffen wie für den deutsch-russischen Virtuosen.
Aber Online-Konzerte sind im Moment die Chance der Stunde für Künstler, beschäftigt zu bleiben und den Kontakt zu ihrem Publikum zu halten. Und zudem kreativ mit der Krise umzugehen. Die Düsseldorfer Band Love Machine hat einen Song namens „Quarantäne“ ins Internet gestellt, der in knappen, aber sehr treffenden Sätzen die aktuelle Gefühlslage beschreibt: „Atme ein, ich atme aus / Wenn Du mich fragst ich gehe heut´ nicht raus / Zähle rückwärts immer wieder von zehn / Ach ich weiss doch nicht wann wir uns wiedersehn“. Das Fem_Pop- Kollektiv hat seine Konzertreihe, die sonst an verschiedenen Orten der Rheinmetropole stattfindet, ebenfalls ins Netz verlegt. Gestreamt wird mittwochs und samstags auf Instagram, bei den nächsten Ausgaben werden dort etwa die Bloodflowers feinen Indie-Pop oder die Sängerin Elsa Johanna Mohr ihre Bossa-Folksongs aufführen. Können alle diese Aktivitäten im Netz auffangen, was gerade für Musiker und Publikum in Zeiten von Corona wegfällt? Schwerlich.
Denn es gibt für Künstler noch immer keine funktionierende Form, Online-Konzerte in ein ausreichendes Einkommen umzuwandeln, da die entgangenen Umsätze aus Livekonzerten nicht annähernd zu kompensieren sind. Der Konzertsektor boomte in den letzten Jahren, gerade weil dort ein körperliches Erleben der Musik, eine unmittelbare Präsenz zu erfahren ist, die kein Internet und keine Online-Plattform der Welt bieten kann.
Wir werden noch einige Zeit ohne direkt erfahrbare Aufführungen leben müssen, und die gestreamten Inhalte sind nicht in der Lage, unmittelbares Erleben von Kunst im Konzert, Museum oder Theater zu ersetzen. Das Internet kann nur davor bewahren, in eine Sprachlosigkeit zu verfallen, sich komplett zurückzuziehen. Und deshalb freue ich mich doch, wenn ich einen Song wie „Quarantäne“ auf Social Media entdecke, in dem es am Ende heißt: „Es tropft auf mich herab und es steigt zu mir herauf / Von Decke und vom Boden nehme ich die Farbe auf / Quarantäne / Ich will zurück zu Dir / Quarantäne / Oder Du kommst zu mir“.