Forum Freies Theater Das Publikum mit Anti-Utopien wachrütteln

Düsseldorf · Mit einer multimedialen Performance erforscht das Autorenkollektiv „Konglomerat“ den Horror des Alltäglichen.

Katharina Hintzen (hier in „HorrOr What?!“) tritt beim Theaterabend zum Thema Monster auf.

Foto: Stefan Klüter

Der Holocaust, die Völkermorde im Balkankrieg oder in Ruanda Anfang der 1990er Jahre, der Bürgerkrieg in Syrien, die Drogenkriege in Mexiko, die terroristischen Anschläge des NSU gegen ausländische Bürger, der islamistische Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz oder verheerende Unwetterkatastrophen im Zuge des Klimawandels – die Geschichte der Menschheit ist immer auch eine Geschichte des Horrors. Wenn wir uns dem Horror aussetzen, empfinden wir Ekel und Schrecken. Aber auch Lust an der Angst vor dem Bedrohlichen, Bösen und Unheimlichen – sie ist so reizvoll, dass wir nicht wegschauen, sondern uns zu einem Teil davon machen.

Horrorfilme haben Konjunktur. Krimis und Thriller boomen. Das Düsseldorfer Autorenkollektiv „Konglomerat“ erforscht nun das Grauen im Alltäglichen. Dazu hat es ein künstlerisches Labor unter dem Titel „HorrOr What?!“ initiiert. Sechs Texte zu Grauen, Monstern oder Ängsten bringt Regisseur Reinar Ortmann gemeinsam mit Filmkünstler Kay Özdemir auf die Bühne der FFT Kammerspiele. Die drei Theaterabende vom 31. Oktober bis zum 2. November laufen innerhalb des Formats „Literatur im FFT“ (LIFFT), das nun zum dritten Mal stattfindet.

Die Texte stammen vom Schreib-Sextett Jan Grashof, Stephan Kaluza, Mathias Meis, Verena Meis, Jürgen Mühle und Georg Schiller. Eine Geschichte handelt  von einem Paar, das 50 Meter unter der Erde im Dunkeln lebt, weil das Licht ziemlich teuer ist. Die Folge einer Klimakatastrophe? Aber auch der Staat tritt als Überwachungskraft auf. Eine andere Geschichte dreht sich um einen Entführer und dessen Gefangenem – sie treten in einen Dialog.

Die Zuschauer treffen aber auch auf ein Paar, das vor fremden Wesen flüchtet. Vor Mutanten? Hier spielt die Angst vor dem Fremden eine Rolle, die im Zuge der Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa zum Dauer-Politikum geworden ist.

Der härteste Stoff dürfte der Missbrauch einer Mutter an ihrem Sohn sein. Das Theater-Labor-Team nimmt den Horror aber auch humorvoll ins Visier. Der Tenor von „HorrOr What?!“ ist dystopisch angelegt, die Erzählungen warten nicht mit rosigen Perspektiven auf.

Aber gibt es hinsichtlich der Zukunft unseres Planeten nicht schon genügend Anti-Utopien? „Wir versuchen, die Menschen mit den düsteren Szenarien wachzurütteln“, sagt Schauspielerin Katharina Hintzen. Sie wird zusammen mit Philipp Alfons Heitmann und Josia Krug die „Horror-Geschichten“ performen. Die Stücke werden miteinander „verschnitten“, die Szenen wechseln hin und her, bis sie ineinander zusammenlaufen, wie in einem Episodenfilm. Kay Özdemir erweitert die Aufführung mit Video- und Klangkunst.

Konglomerat ist ein Kollektiv aus Bildenden Künstlern, Theatermachern, Literaten und Wissenschaftlern aus Düsseldorf. Sie wollen Literatur, Theater, Performance, Video- und Klangkunst auf originelle Weise miteinander verbinden. Reinar Ortmann arbeitete als Dramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Staatstheater Darmstadt sowie als Chefdramaturg und Intendant am Rheinischen Landestheater Neuss. Schauspielerin Katharina Hintzen hatte er mit ans Staatstheater Darmstadt engagiert, Philipp Alfons Heitmann und Josia Krug spielten in Ortmanns Ensemble in Neuss.

LIFFT III: „HorrOr What?!“, FFT Kammerspiele, Jahnstr. 3, am 31. Oktober, 1. und 2. November jeweils um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 19 €, ermäßigt 11 €. Karten unter www.fft-duesseldorf.de, 0211 87 67 87-18 oder tickets@fft-duesseldorf.de.