Ex-Programmchef Ullrich: „Die Quadriennale war nicht zu lang“

Wolfgang Ullrich trat als Programmleiter der Quadriennale kurz vor deren Beginn zurück. Seitdem hat er kein Interview mehr gegeben. Jetzt äußert er sich in der WZ.

Foto: Quadriennale

Düsseldorf. Im August 2013, wenige Monate vor Beginn der Quadriennale trat der Medienkritiker Wolfgang Ullrich als Intendant des Kunstfestivals zurück. Sein Abgang wurde mit „persönlichen Gründen“ erklärt, diese jedoch wurden nicht näher erläutert. Es hieß, er habe gesundheitliche Probleme. Davon war jetzt nichts mehr zu spüren, als wir ihn als Spaziergänger beim Performance-Festival im Ehrenhof trafen.

Herr Ullrich, am 10. August endet die Quadriennale. Zeit, Rückblick zu halten. Beginnen wir beim Programm. Das Museum Kunstpalast machte 2007 die sensationelle Schau „Bonjour Russland“ mit einer Fülle von Bildern auch zur Zeit um 1920. War es opportun, dass K 20 das Thema nochmal aufgreift, aber im viel kleineren Format?

Wolfgang Ullrich: Diesmal ging es um die Rolle der Farbe Weiß in der Avantgarde. Man weiß, dass Ausstellungen, die mit einer starken These kommen, nicht so viele Besucher haben wie Ausstellungen, die nur mit großen Zahlen absoluter Meisterwerke werben.

Sie gelten als Programmleiter. Wer hat denn das aktuelle Programm gemacht?

Ullrich: Die großen Häuser setzten schon 2010, 2011 ihre Themen „Kunst und Alchemie“, „Der Abgrund Weiß“ und „Unter der Erde“ für die Quadriennale. Das war zu einer Zeit, bevor ich als Moderator eingestellt wurde. Bei mir ging es darum, zwischen diesen Themen eine Schnittmenge zu finden und die kleineren Häuser dazu zu bewegen, ihrerseits etwas zu machen. Vor allem sollte ein vielseitiges und möglichst für viele attraktives Oberthema gefunden werden. Da es bei den Themen der Häuser auch um die Zukunft ging, machten wir die Zukunft zum Thema.

Manche Ausstellungen sind nur mit Audioguide verständlich. Müsste man nicht andere Wege in der Präsentation finden? Tate oder Louvre nehmen das Publikum besser an die Hand.

Ullrich: Ich glaube nicht, dass man in anderen Ländern weiter ist als in Deutschland, was Kunstvermittlung anbelangt. Bei „Abgrund Weiß“ fand ich die Begleittexte etwas spröde und in der Sprache einen Level zu hoch gegriffen. Aber das ist mir nur in K 20 aufgefallen. Im Museum Kunstpalast habe ich mich über die Texte ausnehmend gefreut. Erstaunlich informativ und trotzdem gut verständlich. Das war für mich sehr gut gelungen.

Wird der Besucher im modernen Teil der „Alchemie“ nicht doch allein gelassen?

Ullrich: Ja, aber dort versteht sich die Ausstellung weniger kulturgeschichtlich als kunstgeschichtlich. Das lebt viel mehr von der Kombinatorik zwischen den Exponaten. Dadurch werden Zusammenhänge klar, da braucht es oft nicht mehr viele Worte.

In der Kunsthalle herrscht gähnende Leere. Haben Sie da wirklich mitgemischt?

Ullrich: Die Kunsthalle hat ihr Konzept noch einmal geändert, zu einem Zeitpunkt, als ich schon nicht mehr an der Sache beteiligt war. Die Häuser waren ja generell völlig autonom in allem, was sie machten. Ich war Moderator. Ich habe Seminare veranstaltet, bei denen die Kuratoren und Institutsdirektoren zusammenkamen. Wir haben uns über Themen ausgetauscht und Leitbegriffe überlegt.

Das Vorbild für die erste Quadriennale war die Mammutschau „Von hier aus“, 1984, unter Kurator Kasper König. Wie wäre so ein Vorbild erneut für Düsseldorf?

Ullrich: Das war ein völlig anderes Konzept. Das kann nicht so gehen, wenn man das hier über die einzelnen Häuser macht. Da will und soll natürlich jedes Haus seine Sache zeigen. „Von hier aus“ war auch nur ein Überblick über zeitgenössische Kunst. Bei allen Quadriennalen bestand hingegen der Wunsch, möglichst in die Breite zu gehen.

Wäre es sinnvoll, einen einzigen künstlerischen Leiter von außen zu nehmen, statt all der vielen Museumschefs aus der Landeshauptstadt?

Ullrich: Wir haben heute weltweit hundert Biennalen und derlei Großveranstaltungen. Ich glaube nicht, dass ein Format wie „Von hier aus“ heute noch Erfolg haben könnte.

Es gab jetzt zehn Tage lang Gratis-Eintritt in K 20 und drei Tage freien Eintritt in alle Häuser. Ist eine Quadriennale mit vier Monaten zu lang?

Ullrich: Natürlich ist es schwerer, wenn man nur auf Besucherzahlen achtet, in vier Monaten gleichmäßig hohe Zahlen zu erzielen. Vier Monate ist aber an sich keine zu lange Zeit für die enorm viele Arbeit, die hinter so einer Ausstellung steckt.