Franz Swetec: „Zero ist für mich eine Offenbarung“

Franz Swetec ist Düsseldorfs ältester Galerist. Der Idealist unter den Händlern blickt zurück auf eine Zeit, als die Kunst ein Teil seines Lebens war.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Überall in Düsseldorf wird derzeit Zero-Kunst angeboten, in Galerien wie Setareh und Beck & Eggeling, in den Filialen der Auktionshäuser und bald auch als Retrospektive von Günther Uecker in der Kunstsammlung. Seitdem Zero New York erreicht hat, fehlt eigentlich nur die Düsseldorfer Zero-Foundation, von deren Aktivitäten man nichts hört.

Einer, den die aktuelle Hektik auf dem hektischen Kunstmarkt wundert, ist Franz Swetec. Der 79-Jährige handelt seit einem halben Jahrhundert mit Zero. Seit 30 Jahren sitzt er in der obersten Etage an der Kasernenstraße 13 und schüttelt über die Unsummen, die heute auf den Auktionen für Zero gezahlt werden, den Kopf.

Swetec ist Galerist, der älteste seiner Zunft in Düsseldorf. Er hatte Ende 1968 mit der Galerie Wendtorf und Swetec angefangen und 1970 die erste Zero-Schau gezeigt. „Die Kunst ist ein Teil meines Lebens und kein Teil einer Geschäftsbeziehung.“

Als er Otto Pienes erste Gouachen in den frühen 1970er Jahren verkaufte, kosteten sie 950 Mark. Und die Kunden konnten den Betrag abstottern. Heute kostet sie ein Vielfaches. „Der Erfolg mit Piene war sensationell“, erinnert sich Swetec. „Zwei Ölbilder gingen an einen Arzt und einen Fabrikanten. Die Bilder mit Gouache-Farben erstanden weniger betuchte Menschen. Piene gab seine Werke gern an Leute ab, denen die Geldscheine nicht so locker in der Tasche saßen.“ Und heute? „Damals kaufte die Mittelschicht, heute die Oberschicht. Die neue Preisgestaltung erlaubt den Kauf von Zero-Originalen nur noch Leuten mit Geld.“

Die Galeristen der 1960er Jahre waren noch keine Kunsthistoriker oder Betriebswirte. Swetec war ein Selfmade-Mann. Ein gelernter Schreiner aus Griesheim bei Darmstadt. Er hatte 1950 bei der Firma Wella in der Fabrik angefangen und musste eines Tages im Haus des Firmenchefs Karl Ströher etwas reparieren. Ströher muss so begeistert von den handwerklichen Fähigkeiten des Mitarbeiters gewesen sein, dass er ihn bei sich selbst beschäftigte. Es war die Begegnung seines Lebens, denn Ströher war der genialste Sammler seiner Zeit. „Ich bin in die Kunst hineingewachsen. Ströher hatte damals die größte Beuys-Sammlung“, berichtet Swetec.

Ende 1968 kam Swetec nach Düsseldorf und kooperierte mit der Galeristin Ursula Wendtorf an der Bilker Straße am Standort des heutigen Heinrich-Heine-Instituts. Aus dieser Zeit resultiert die Freundschaft zu Heinz Mack. „Ich finde ihn als Menschen großartig und als Gesprächspartner hochintelligent“, sagt er. Und er sei wie Günter Uecker bei Vernissagen anwesend gewesen. Swetec heute: „Wenn auf der Einladung stand, der Künstler ist anwesend, so war das ein gutes Verkaufsargument. Ein Künstler im fernen Amerika wie Otto Piene ist für den Verkauf eher hinderlich gewesen.“ Piene habe das aber immer mit seiner Großzügigkeit wett gemacht. War er da, habe er Plakate signiert und umsonst abgegeben.

Die Hauptattraktion von Piene schildert Swetec so: „Piene arbeitete mit dem Feuer. Das war etwas Unbekanntes. Das war sein Durchbruch.“ Und Mack? Swetec: „Der wurde berühmt mit Arbeiten aus der Sahara. Die Sahara war damals völlig unbekannt.“

Was hält der Galerist von der Zero-Kunst? Swetec antwortet spontan: „Zero ist für mich die Offenbarung. Das ist etwas Seelisches. Als ich zum ersten Mal ein weißes Raster von Piene sah, da dachte ich, die ganze Welt liegt in diesem Werk. Bei Günter Uecker bin ich angesichts seiner Nagelbilder in die Knie gegangen.“

Und heute? Swetec winkt ab: „Heute geht es oft nur noch ums Geld, bei Galeristen und Kunden. Früher hat man sich viel intensiver mit Kunst beschäftigt. Die Kunden hörten zu, und die Galeristen hatten Zeit. Heute wird viel delegiert. Meistens befinden sich die Galeristen auf Kunstmessen und überlassen die Galeriearbeit den Mitarbeitern.“